Wussten Sie von der Operation D-Day der FDP? Wenn ja, welche Rolle spielte sie dabei? Wie haben Sie davon erfahren?
Guten tag Herr Dürr,
wie Die Zeit am 15.11. in dem Artikel „Das liberale Drehbuch für den Regierungssturz“ aufzeigte, hatte die FDP-Führung das Ende der Ampel geplant, neben Blockade auch die Weitergabe von internen Dokumenten an die Presse. Sowie die Nation direkt belogen, dass die FDP kein Koalitionsende plane.(1)
Meine Frage ist.
Waren Sie an diesem Plan der FDP beteiligt? Ja oder nein?
Haben Sie davon gewusst? Ja oder nein?
Wie haben Sie davon erfahren?
Wie können sie sicher sein, dass nicht noch weitere Dokumente weitergegeben werden?
Welche Konsequenz müssen die Verschwörer ihrer Meinung nach haben?
Danke für eine ehrliche Antwort.
F.B
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Allerdings teile ich schon den Ausgangspunkt nicht, den Sie mit Bezug auf den ZEIT-Artikel vom 15. November 2024 konstruieren.
Der Vorwurf, die FDP habe innerhalb der Koalition irgendetwas aus taktischen Gründen blockiert, ist grundfalsch. Die Wahrheit ist: SPD und Grüne haben das ganze Jahr 2024 über die Wirtschaftswende und einen verfassungsgemäßen Haushalt 2025 blockiert. Die FDP wollte die Wirtschaftswende und einen Haushalt im Rahmen der Schuldenbremse des Grundgesetzes. Die FDP hat hundertfach öffentlich gesagt, dass die Ampel-Koalition das liefern muss, nur ein Beispiel:
Christian Lindner hat am 20. September öffentlich gesagt: "Wir sind im Herbst der Entscheidungen. Setzen wir die Wachstumsinitiative ambitioniert um, damit wir eine Wirtschaftswende bekommen? Verständigen wir uns auf einen Bundeshaushalt, der Bildung, Investitionen und Sicherheit stärkt, aber zugleich die Steuerlast für die Bürger senkt und die Schuldenbremse einhält? Erreichen wir mehr Kontrolle und Konsequenz bei der Migrationspolitik und überwinden wir dafür Denkverbote? Daran messen die Bürger die Koalition. Ich auch."
SPD und Grüne wollten weder eine Wirtschaftswende noch einen Haushalt im Einklang mit der Schuldenbremse, haben das aber nie öffentlich gesagt. SPD und Grüne haben den aufgrund der wirtschaftlichen Lage dringend gebotenen Politikwechsel verweigert, das war der Knackpunkt für das Ende der Koalition, nichts anderes.
Besonders anschaulich zeigt dies der Umgang mit der Wachstumsinitiative:
Anfang Juli 2024 hatten Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner die Wachstumsinitiative der Bundesregierung mit 49 Punkten vereinbart - ein vielversprechendes Maßnahmenpaket, um Deutschland aus der Wirtschaftskrise zu befreien. Leider hat es der Bundeskanzler abgelehnt, die Inhalte dieser Wachstumsinitiative in einem einzigen (Artikel-)Gesetz zu bündeln und es schnell durch Bundestag und Bundesrat zu bringen.
Weil SPD und Grüne daraufhin wochenlang auf allen Ebenen mauerten und blockierten, war Anfang November noch immer keine einzige der 49 Maßnahmen der Wachstumsinitiative verabschiedet, weder die Aufhebung des Lieferkettengesetzes noch neue Erwerbsanreize beim Bürgergeld noch der dringende Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer. Öffentlich haben Bundeskanzler und Vizekanzler sich zwar beispielsweise zur Abschaffung des Lieferkettengesetzes sehr deutlich bekannt, nur um es dann wieder zu verschleppen. Bis heute hat die Bundesregierung dazu nicht einmal einen Gesetzentwurf vorgelegt! Deshalb hat meine Fraktion dies mittlerweile getan und einen fertigen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw49-de-aufhebung-lieferkettensorgfaltsgesetz-1032634) - wozu die Bundesregierung auch nach Monaten angeblich nicht in der Lage ist.
Wegen dieser rot-grünen Dauerblockade der Wachstumsinitiative und weil sich die wirtschaftliche Entwicklung weiter eintrübte, hat Christian Lindner im Bundesministerium der Finanzen ein neues, umfassendes Reform-Papier erarbeiten lassen. Olaf Scholz und Robert Habeck haben das Papier knapp eine Woche vor dem Ampel-Ende erhalten. Die Vorschläge im Papier waren durchgerechnet und wurden von Ökonomen und Wirtschaftsvertretern weithin begrüßt. Dennoch haben sich SPD und Grüne beim entscheidenden Koalitionsausschuss am 6. November geweigert, die Vorschläge des Papiers auch nur als Beratungsgrundlage zu akzeptieren.
Als Mitglied des Koalitionsausschusses habe ich miterlebt, wie der Bundeskanzler stattdessen Christian Lindner ultimativ aufgefordert hat, gemeinsam die Regeln der Schuldenbremse zu brechen. Dazu hat Olaf Scholz ausgerechnet das Thema "Unterstützung der Ukraine" vorgeschoben, um einen (Schein-)Weg zu finden, die Schuldenbremse auszusetzen. Das haben Christian Lindner als Bundesfinanzminister und ich für die FDP-Fraktion abgelehnt, woraufhin Olaf Scholz Christian Lindner entlassen hat.
Dies war kurz zusammengefasst der Hergang der Ereignisse, die zum Ende der Koalition geführt haben. Im Laufe des Herbstes hat sich leider eindeutig gezeigt, dass SPD und Grüne die Situation unseres Landes und unserer Wirtschaft vollkommen anders wahrnehmen als nahezu sämtliche Ökonomen und dass sie daher nicht ernsthaft zu Änderungen bereit waren. Mit Schulden und Subventionen kann man eine Volkswirtschaft aber nicht wieder flottbekommen. Deshalb ist es gut, dass die Koalition beendet ist und die Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit erhalten, eine neue Richtungsentscheidung für unser Land zu treffen.
Freundliche Grüße,
Christian Dürr