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Christian Dürr
FDP
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Frage von Tim G. •

Warum soll bei sinkender Inflationsrate das Bürgergeld sinken? Sinken denn bei rückläufiger Inflation die Preise? Oder ist es immer noch eine Inflation mit steigenden Preisen, wenn auch weniger stark?

Sehr geehrter Herr Dürr, Sie haben in einem Interview (Spiegel 35/24) sinngemäß gesagt, dass das Bürgergeld gekürzt werden soll, weil die Inflation zurück gehe. Haben wir denn sinkende Preise und vor allem Lebenshaltungskosten? Sinken die Preise für Energie, Lebensmittel, Trinkwasser und dergleichen? Nennt man das dann nicht Deflation, wenn Preise sinken? Und würde eine solche, wenn es sie denn gäbe, nicht automatisch bei Neuberechnung berücksichtigt? Warum schlagen Sie nichts zu der vom BVerfG schon lange geforderten Reform der Erbschaftssteuer vor? Finden Sie es gerecht, das ein Chirurg oder Ingeneur mit 60 bis 80 Wochenstunden im OP oder am digitalen Reßbrett 42% Einkommensteuer zahlen muss, der Nichtsuer mit geerbtem Aktienpakt hingegen nur 25% auf seine Kapitalerträge? Warum schlägt Ihre Partei nichts vor, damit die Reichen und Vermögenden mehr und angemessen an den immensen Kosten von Krisen und Kriegen beteiligt werden?

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Sehr geehrter Herr G.

vielen Dank für Ihre Frage.

Soziale Gerechtigkeit bedeutet nicht nur, dass der Staat faire Leistungen für Hilfebedürftige bereithält, sondern auch, dass der Staat gegenüber den Steuerzahlern gerecht ist und mit deren Geld verantwortungsvoll umgeht. Daher müssen wir auch über den Anpassungsmechanismus beim Bürgergeld sprechen.

Vollkommen richtig, wir haben keine Deflation und die Preise sinken auch bei niedrigerer Inflationsrate nicht absolut. Meine Forderung, den Bürgergeld-Regelsatz zu kürzen, beruht darauf, dass sich die Erhöhung von Anfang 2024 im Nachhinein als deutlich zu hoch herausgestellt hat.

Die Inflation fließt mittels einer Prognose, das heißt bevor die Preise überhaupt steigen, in die Berechnung der Bürgergeld-Erhöhung ein. Da die Inflation gegenüber der Prognose deutlich niedriger ist, liegt der jetzige Regelsatz 14 bis 20 Euro über dem Existenzminimum. Es ist nur fair den Steuerzahlern gegenüber, diese ungerechtfertigten Leistungen in Höhe von 850 Millionen Euro schnellstmöglich zu beenden. Arbeit und Leistung müssen sich spürbar lohnen. Immer höhere Sozialleistungen gefährden den Lohnabstand, die Leistungsgerechtigkeit und Erwerbsanreize. Ein ausreichender Lohnabstand zwischen denen, die arbeiten, und denen, die nicht arbeiten, ist eine Frage von Respekt vor der Leistung der arbeitenden Bevölkerung.

Verschiedene Studien, u. a. des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), haben gezeigt, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende derzeit keine ausreichenden Erwerbsanreize bietet. Die Jobcenter vermitteln immer weniger Menschen in Arbeit, dabei sucht die Wirtschaft händeringend nach Arbeits- und Fachkräften. Integration in Arbeit ist zudem die nachhaltigste Sozialleistung. Die Arbeitsaufnahme muss daher im Vordergrund des Bürgergelds stehen. Außerdem muss klar sein, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende kein bedingungsloses Grundeinkommen ist.

Deshalb haben wir uns in der Koalition darauf verständigt, dass wir in Zukunft die Mitwirkungspflichten von Bürgergeldempfängern konsequenter einfordern. Wer Mitwirkungspflichten verletzt, muss mit einer unmittelbaren Kürzung der Leistungen um 30 Prozent rechnen. Zudem werden wir die Kriterien für eine zumutbare Arbeit so gestalten, dass Bürgergeldempfängern mehr Arbeitsstellen angeboten werden können. Wer sich komplett verweigert, darf keine Sozialleistungen mehr erhalten.

Zu Ihrer Kritik an der Besteuerung von Kapitalerträgen z. B. aus Aktien: Dabei handelt es sich um ausgeschüttete Unternehmensgewinne, die bereits auf Unternehmensebene mit Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag sowie Gewerbesteuer von insgesamt etwa 30 Prozent belastet werden. Die Abgeltungsteuer kommt nebst Solidaritätszuschlag noch dazu, das heißt, die Gesamtbelastung beträgt rund 48 Prozent - das ist spürbar mehr als der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag. Ohne die Abgeltungsteuer wären wir bei rund 63 Prozent Steuerlast auf Kapitalerträge aus Aktien. Eine derart hohe Besteuerung wäre massiv leistungsfeindlich und ungerecht.

Siehe zu dieser Rechnung den immer noch aktuellen Beitrag von Clemens Fuest und Christoph Spengel im Wirtschaftsdienst: https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2016/heft/2/beitrag/abschaffung-der-abgeltungsteuer-gerechter-und-steuersystematisch-einheitlicher.html

Mit freundlichen Grüßen

Christian Dürr

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