Warum schädigt die FDP unseren Ruf auf europäischer Ebene bei unseren Partnern?
Sehr geehrter Herr Dürr,
heute ist ein sehr interessanter Bericht im Spiegel(Online). Titel "Wie FDP-Querschüsse Deutschlands Ansehen in der EU beschädigen". Zitat daraus: Die FDP, verunsichert von verheerenden Umfragewerten, versucht bereits seit Längerem sich zu profilieren, indem sie reihenweise Gesetzesvorhaben auf EU-Ebene torpediert, die zum Teil schon ausverhandelt waren.
Was sagen Sie dazu? Kommen Sie aber nicht mit irgend welchen Fadenscheinigen Argumenten.
Warum hören Politiker nicht auf´s Volk? Z.B. Tempolimit auf Autobahnen, ganz einfach umzusetzen, Höher Steuern für die Reichen, wäre zügig machbar. Mehr Klimaschutz für alle, muss man nur wollen. Schuldenbremse für was? Eine schwarze Null in der Geschichte ist wohl besser als eine kaputte Wirtschaft und ein zerstörtes Klima. Mit diesen Themen könnten die FDP punkten. Aber mit E-Fuels Phantasien usw. sicher nicht. Die FDP war früher echt gut...
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ihre These kann ich nicht nachvollziehen. Keineswegs gehen von der von meiner Fraktion getragenen Bundesregierung "Querschüsse" gegen EU-Entscheidungen aus. Aus meiner Sicht hat sich die Bundesregierung in kluger und angemessener Weise in die europäischen Verhandlungen eingebracht und dabei viele wichtige Verbesserungen an den Verordnungen und Richtlinien erreicht.
Die weitere Zulassung von Pkws mit Verbrennungsmotoren, soweit diese mit klimaneutralen Kraftstoffen wie E-Fuels betrieben werden, auch nach 2035 haben Sie ja bereits angesprochen. Das ist eine ganz wichtige Regel, die es erlauben wird, dass sich die Autofahrer für die aus ihrer Sicht besten Antriebe entscheiden können und sich zugleich die für den Klimaschutz optimale Technologie durchsetzen kann. Echte Technologieoffenheit, die nicht zuletzt auch faire Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Automobilindustrie und die mit ihr zusammenhängenden Arbeitsplätze garantiert.
Vereinzelt kann es natürlich auch Fälle geben, in denen die nächtelang verhandelten Verbesserungen an Rechtsakten einfach nicht ausreichen, um sie für 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger verbindlich zu machen. Ein Beispiel ist die EU-Lieferkettenrichtlinie, die die Wirtschaft mit kaum beherrschbarer Bürokratie belastet, ohne zu wirksamen Verbesserungen in den Entwicklungsländern zu führen. In so einem Fall ist es aus meiner Sicht richtig, wenn sich die Bundesregierung zu einem Rechtsakt enthält.
Ihre Ausführungen zur Schuldenbremse überzeugen mich ebenfalls nicht. Die Schuldenbremse verlangt keineswegs eine "Schwarze Null" (also einen mindestens ausgeglichenen Haushalt). Im Bundeshaushalt 2024 haben wir zum Beispiel eine Schuldenaufnahme von 39 Milliarden Euro beschlossen. Bei der derzeit eher schwachen Konjunktur könnte die Schuldenbremse sogar noch eine etwas höhere Kreditaufnahme zulassen. Die Schuldenbremse reagiert flexibel auf die wirtschaftliche Lage. Aber unbegrenztes und unbegründetes Schuldenmachen zulasten kommender Generationen - das geht mit der Schuldenbremse eben nicht, und das begrüße ich sehr.
Insgesamt ist die Schuldenbremse eine angemessene und kluge Regel, die - so zeigen es wissenschaftliche Studien (wie etwa hier: https://www.freiheit.org/de/studie-zur-schuldenbremse-die-schuldenbremse-wirkt) - bisher keineswegs zu geringeren öffentlichen Investitionen geführt hat.
Entscheidend für höhere Investitionen, die meine Fraktion für dringend notwendig erachtet, sind dagegen andere Prioritäten bei den Ausgaben, als sie von den Großen Koalitionen der Merkel-Ära gesetzt wurden - dafür setzen wir uns in den kommenden Haushaltsberatungen ein.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Christian Dürr