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Christian Dürr
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Frage von Claudia S. •

Warum nimmt Deutschland, dessen große Strukturprobleme sich bereits auf andere EU Staaten auswirken, die mit Abstand meisten Flüchtlinge, inkl. Ukraineflüchlinge auf, anstatt sich erst zu "sanieren"?

Herr Dürr.

Die Dublin-Verordnung besagt, dass für einen Asylbewerber das Land zuständig ist, das er zuerst betreten hat, in dem Fingerabdrücke genommen wurden oder für das er ein Visum hatte. Die Flüchtlinge müssen demnach ihren Asylantrag in dem EU-Land stellen, in dem sie ankommen.

1. Wie wird begründet, das Deutschland geltendes EU Recht "aushebelt" und die Ankommenden nicht ungehend und ausnahmslos in das EU Land zurück sendet, aus dem sie unsere Grenzen überschritten haben, damit sie dort, lt. Dublin Verordnung, Asyl beantragen?

2. Deutschland ist mittlerweiler Sorgenkiend der EU.

https://www.handelsblatt.com/meinung/kolumnen/eu-kolumne-deutschland-wird-wieder-zum-sorgenfall-der-eu/28368458.html

https://www.deutschlandfunk.de/eu-kommissar-deutschland-darf-strukturelle-probleme-nicht-ignorieren-100.html

Weshalb nimmt Deutschland, dessen große Strukturprobleme sich schon auf andere EU Staaten auswirken, noch immer die mit Abstand meisten Flüchtlinge, inkl. Ukraineflüchlinge auf?

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Sehr geehrte Frau S.

vielen Dank für Ihre Frage.

Sie beschreiben genau richtig, wie das Dublin-System eigentlich funktionieren sollte. Leider ist es in der Praxis nicht ganz einfach, das so umzusetzen. So müssen die deutschen Behörden z. B. erst ein Übernahmeersuchen an den nach den Dublin-Regeln zuständige Mitgliedstaat stellen. Das ist nicht immer der Staat, aus dem heraus der Asylbewerber die deutsche Grenze überschritten hat.

In manchen Fällen lehnt der zuständige Mitgliedstaat das Übernahmeersuchen ab, in anderen Fällen nimmt er es zwar an, aber der Asylbewerber klagt vor einem deutschen Verwaltungsgericht gegen die Überstellung, die dann in der Regel vorerst nicht vollzogen werden kann. In wieder anderen Fällen scheitert die Überstellung, wie jüngst bei dem späteren Täter von Solingen, daran, dass der Asylbewerber sich der Überstellung entzieht.

Einen Überblick über das komplexe Verfahren finden Sie hier: https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/DublinVerfahren/dublinverfahren-node.html

Der Zustand des Dublin-Verfahrens ist absolut nicht zufriedenstellend, weshalb wir in der Regierungskoalition zwei Maßnahmen ergriffen haben:

(1) Auf EU-Ebene haben wir eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erreicht, die dafür sorgt, dass zukünftig viele Asylbewerber bereits an der EU-Außengrenze auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten müssen. Es werden weniger Asylbewerber bis nach Deutschland kommen.

(2) Auf nationaler Ebene haben wir am vergangenen Freitag mit dem Sicherheitspaket eine Reihe von Erleichterungen für Dublin-Überstellungen vorgenommen. Unter anderem haben ausreisepflichtige Asylbewerber in Deutschland künftig keine Ansprüche auf Sozialleistungen mehr.

Auch wenn die Zahl der Asylgesuche in Deutschland in den Monaten August und September gegenüber dem Vorjahr bereits um über 50 Prozent zurückgegangen ist: Weitere Maßnahmen sind möglich und geboten. Wir haben der CDU/CSU angeboten, in einem Pilotprojekt gemeinsam Zurückweisungen an der deutschen Grenze vorzunehmen. Leider hat die Union die Gespräche vorzeitig abgebrochen. Wir fordern Friedrich Merz auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Denn nur gemeinsam können die Parteien der demokratischen Mitte den gesellschaftlichen Großkonflikt um Angela Merkels "offene Grenzen" lösen.  

Mit freundlichen Grüßen

Christian Dürr

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