Ab wann denken Sie wird die EZB Deutschland keine Anleihen mehr abkaufen?
In Ihrer Antwort vom 1.2.24 schreiben Sie, dass der Vergleich einer Volkswirtschaft und eines privaten Haushalts intuitiv sei. Wenn ich als Privatperson zu einer Bank gehe, um einen Kredit aufzunehmen wird diese evtl. diesen ablehnen, weil ich zu wenig Einkommen generiere oder zu alt bin oder was auch immer. Wann denken Sie, dass die EZB das nichtmehr macht?
Weiter ist hinlänglich, auch unter Ökonomen, bekannt, dass jetzt stattfindender Klima- und Umweltschutz wesentlich günstiger sein wird als Zinsen (und auch Bildung, denke ich). Wie wollen Sie mit Ihrer Mentalität die aktuell ca. 1 Billionen Euro, die für notwendigen Umweltschutz fehlen, trotzdem ausgeben?
Oder erfindet die kommende Generation die Technologie, die uns alle retten wird? Das ist zumindest die Einstellung, die ich von Ihrer Partei bisher wahrnehme.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Zinsausgaben schränken die Spielräume des Haushalts bereits jetzt massiv ein. Jeder Euro, der für Zinsen ausgegeben wird, fließt nicht in Klimaschutz, Bildung oder die Zukunft unserer Kinder. Daher halten wir weiterhin an der Schuldenbremse fest - das ist auch eine Frage von Generationengerechtigkeit. Wir bekennen uns dennoch eindeutig zu den Klimazielen von Paris. Die Frage ist also nicht, ob Klimapolitik betrieben wird, sondern auf welchem Weg wir diese Ziele erreichen wollen.
Klimaschutz ist nicht wirksamer, wenn er besonders teuer ist oder besondere Askese verlangt. Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive, aber auch vor dem Hintergrund der mit dem Pariser Abkommen verbundenen anspruchsvollen Klimaschutzziele, ist eine Orientierung auf effiziente, marktkonforme Instrumente, die mittel- bis langfristig auf einen einheitlichen globalen CO2-Preis für alle CO2-Emissionen hinauslaufen, sehr wichtig. Also konzentrieren wir uns auf wirksame marktwirtschaftliche Mechanismen, statt planwirtschaftlich auszugestalten, wie jeder Bürger CO2 einzusparen hat.
Wenn es nach uns ginge, könnte der nationale CO2-Preis daher bereits in diesem Jahr in einen echten Emissionshandel überführt werden. Dabei soll sich der Preis für CO2 frei nach Angebot und Nachfrage bilden, anstatt vom Staat festgelegt zu werden, und so den Marktteilnehmern Anreiz zur Emissionsminderung geben. Steigende CO2-Preise setzen dabei immer größere Anreize für die Wirtschaft, in klimaneutrale Technologien zu investieren. Das ist der beste Weg, um für mehr Klimaschutz zu sorgen - Ökonomen und Klimaschützer bekräftigen uns in dieser Vorgehensweise immer wieder. Denn: 9 von 10 Euro werden von der Privatwirtschaft investiert - nur jeder 10. Euro kommt vom Staat. Dementsprechend ist unser Hebel deutlich größer, wenn wir ein Umdenken in der Wirtschaft herbeiführen. Gleichzeitig sollen alle Mehreinnahmen, die der Staat aus dem Emissionshandel generiert, als Klimageld wieder an die Bürger ausgeschüttet werden - der Ausschüttungsmechanismus hierfür wird derzeit im Finanzministerium von unserem Bundesfinanzminister Christian Lindner erarbeitet.
Im Übrigen: Dem Klima ist egal, welche Technologie verwendet wird - entscheidend ist, dass sie klimaneutral ist. Schließlich sind es nicht Autos, die dem Klima schaden, sondern die fossilen Brennstoffe, mit denen sie betrieben werden. Heute gibt es aber Alternativen für die fossilen Brennstoffe. Damit können zum Beispiel Öl- und Gasheizungen, aber auch Autos mit Verbrennungsmotoren klimaneutral betrieben werden. Außerdem setzen wir uns weiterhin dafür ein, den Rechtsrahmen für die bisher in Deutschland verbotene Speicherung und den Export von CO2 zu schaffen. Das Ziel muss eine CO2-Kreislaufwirtschaft mit einer negativen Nettobilanz sein. Nur wenn wir auch CO2 speichern können und Technologien nutzen, die der Atmosphäre CO2 entziehen, ist unser 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Die Maßnahmen, die am einschneidendsten sind und die größten Summen an Haushaltsmitteln benötigen, sind nicht notwendigerweise die effektivsten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Christian Dürr