Frage an Christel Happach-Kasan von Jan M. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Happach-Kasan,
seit langer Zeit treibt mich eine Frage:
wie beurteilen Sie die Entlastung des innerstätischen Verkehrs der B208 in Ratzeburg durch die geplante Umgehunsstraße??
Wenn ich an die Prognosen der FH-Lübeck denke, kann ich für die (unsere) Stadt keine Entlastung erkennen, da der geplante Trassenverlauf die denkbar ungünstigste Veriante widerspiegelt, die Gutachten der FH liegen mir vor!!
Für Ihre Antwort meinen Dank!!
Mit freundlichen Grüßen
Jan Morawe, Dipl.-Ing.
Sehr geehrter Herr Morawe,
jedem, der 1990 in Ratzeburg gelebt hat, war klar, dass Ratzeburg eine Lösung für seine Verkehrsprobleme braucht, die durch die Deutsche Einheit entstanden sind. Die Ratzeburger FDP hat sich damals intensiv mit der Lösung des Ratzeburger Verkehrsproblems befasst. Wir haben seit 1990, dokumentiert in unserer Zeitung „Standpunkte“, die im gesamten Stadtgebiet verteilt wurde, genau die Lösung für eine Umgehung vorgeschlagen, die inzwischen die kommunalen Vertretungen von Ratzeburg, Mölln und Schmilau beschlossen haben. Wir haben uns für die Große Umgehung über die Nordspange Mölln mit Umgehung von Schmilau eingesetzt, weil wir schon damals der Überzeugung waren, dass dies die einzige Lösung ist, die eine Realisierungschance besitzt.
Der Zeitablauf hat uns in dieser Einschätzung Recht gegeben.
Mit Ihrer Frage zielen Sie auf die verschiedenen Verkehrsgutachten, die immer wieder gezeigt haben, dass 80% des PKW-Verkehrs in Ratzeburg so genannter "Quell- und Zielverkehr" sind und nur 20% Durchgangsverkehr. Eine Umgehung, wie immer sie auch aussehen mag, kann daran nichts ändern. 80% des Personenverkehrs kommt aus Ratzeburg und strebt Ziele in Ratzeburg an. Wer aus Ratzburg (einschließlich der angrenzenden Gemeinden) kommt, nach Ratzeburg will oder zwischen zwei innerörtlichen Zielen fährt, der wird das Straßennetz von Ratzeburg nutzen.
Das ist bei der jetzt beschlossenen Trasse so und wäre auch bei den anderen diskutierten Trassenvorschlägen so. Sie alle müssen den Großen Küchensee umgehen. Diese Trassen hatten alle zwei entscheidende Nachteile: Sie hätten sozusagen die südliche Gute Stube von Ratzeburg durchquert, einen Naturraum im Süden des Küchensees durchschnitten, der einen hohen Wert für den Naturschutz und für die Naherholung besitzt. Darüber hinaus erhöht die schwierige geologische Situation dort die Kosten jedes Straßenbauprojekts.
Beim LKW-Verkehr hat die Verkehrszählung jedoch ein anderes Zahlenverhältnis zwischen Durchgangs- und Ziel- und Quellverkehr ergeben. Die Hälfte der LKW sind Durchgangsverkehr. Eine Umgehungsstraße würde also Ratzeburg von der Hälfte des LKW-Durchgangsverkehrs entlasten.
Der Bau der Großen Umgehung eröffnet auch die Möglichkeit, Ratzeburg nachts für LKW-Verkehr zu sperren, so dass während der verkehrsberuhigten Nacht, wenn einzelne LKW-Fahrer die Abkürzung über die Insel nehmen wollen, der LKW-Durchgangsverkehr nicht über die Insel fahren darf. Das Land hat die Möglichkeit, dies anzuordnen, sofern angemessene Alternativen vorhanden sind. In Hessen gibt es das Beispiel der Bundesstraße 3, wo dies auf einem Streckenabschnitt so geregelt ist. Ich hatte bereits Anfang 2005 nach der Öffnung der A 20 dem damaligen Verkehrsminister von Schleswig-Holstein eine solche Lösung vorgeschlagen. Er hat sie abgelehnt.
Die Inselstadt Ratzeburg hat eine wunderschöne Lage, die für die Organisation des Verkehrs allerdings einige Schwierigkeiten bereitet. Für den PKW-Verkehr bringt eine Umgehungsstraße nur eine minimale Entlastung, es lässt sich aber eine deutliche Entlastung vom LKW-Verkehr erzielen.
Für den PKW-Verkehr muss nach anderen Lösungen gesucht werden. Überall dort, wo Fußgänger die Straße queren, bilden sich Staus. Deshalb sollte der PKW-Verkehr um den Marktplatz geführt werden, wie es jetzt auf der Entlastungsstraße geschieht, damit Fußgänger möglichst ungehindert und ohne den PKW-Verkehr zu behindern, die Straße queren können.
In der Stadt Ratzeburg haben Politiker vielfach ortsnahe Umgehungen der Insel versprochen. Das war zumindest blauäugig. Diese Versprechen ließen sich erwartungsgemäß nicht realisieren. Jetzt gibt es eine gemeinsame Beschlussfassung der Städte Ratzeburg und Mölln und der Gemeinde Schmilau, die den Interessen der drei Kommunen gerecht wird. Wir sollten diese Chance zum Wohle Ratzeburgs nutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Christel Happach-Kasan