Frage an Christa P. Meist von Thomas H. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Meist,
im nächsten Jahr soll in Oberfranken die kostenlose Fahrradmitnahme wegfallen. Da kann es dann leicht passieren, daß in Zukunft die Fahrradkarte teurer wird, als die Personenfahrkarte. Bei einer Anfrage im Bayerischen Wirtschaftsministerium, die für die Bestellung des Nahverkehrs in Bayern zuständig sind, wurde mir von der bayerischen Wirtschaftsministerin Emilia Müller folgendes mitgeteilt:
"Eine Fahrradtageskarte im Wert von 4,50 € pro Fahrrad wird wohl niemanden ernsthaft davon abhalten, das umweltfreundliche Verkehrsmittel Bahn zu benutzen".
Hat die bayerische Wirtschaftsministerin auch an Familien mit Kindern, an Berufspendlern und Schülern gedacht? Diese Gruppen haben meist täglich Rad/ Bahn-Fahrten und für diese wäre es ein enormer Kostenfaktor weiterhin die Bahn zu benutzen. Wie würden Sie die Fahrradmitnahme in Oberfranken oder im gesamten Freistaat Bayern gestalten?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Haderlein,
woher sollte Frau Müller schon wissen, dass z.B. ein Sonntagsausflug für eine vierköpfige Familie auf diese Art dann allein mindestens 45 € an Fahrtkosten mit sich bringt und dass das ungefähr 3 % des monatlich verfügbaren Einkommens eines oberfränkischen Durchschnittsverdieners darstellt?
Und es sind ja nicht "nur" die Ausflüge. Z.B. sind nicht wenige Schülerinnen und Schüler und auch Pendler darauf angewiesen, den Weg zur Wohnung, zur Schule oder zur Arbeit im Anschluss an die Bahnfahrt mit dem Fahrrad zu bewältigen. Danke, dass Sie dies mit Ihrer Anfrage allen Wählern deutlich gemacht haben.
Mit der Privatisierung der Bahn haben die VertreterInnen der neoliberalen 5er-Koalition von CSU bis SPD den Einfluss der Politik im Hinblick auf soziale Preisgestaltung de facto abgeschafft. Ich werde also auch als MdL keine Möglichkeit haben, im Bereich Bahn irgend etwas zu "gestalten". Außer mahnenden Briefen an die Geschäftsleitungen der Bahn und der Privatbahnen bestehen keine Einwirkungsmöglichkeiten. Ein Modell, bei dem die Kommunen durch Kostenübernahme dieses Angebot finanzieren, halte ich angesichts der äußerst angespannten Haushaltslage vieler Gemeinden und Kreise zwar grundsätzlich für möglich, aber für kaum realisierbar.
Eine verbesserte Preiskontrolle bei der Bahn (genauso wie bei den Energiekonzernen) könnte dazu helfen, sozial verträgliche Tarifstrukturen zu schaffen. In welchem Rahmen das mit regionalem Bezug umgesetzt werden kann, ist zu prüfen. Festzustellen ist, dass die Kostenrechnung der Bahn an sich anfechtbar ist. Wenn man es betriebswirtschaftlich sieht, schafft es jeder Einzelhändler durch eine Mischkalkulation die besonders günstigen Angebote mit zu finanzieren. Auch die Bahn müsste dazu in der Lage sein - ohne Rückgriff auf die kommunalen Körperschaften. Auch bei Sondertarifen im Interesse einer höheren Auslastung ist das ja selbst beim ICE möglich. Der grenzenlosen Profitmaximierung der Bahn mit Hinblick auf den Börsengang muss dazu allerdings Einalt geboten werden.