Frage an Christa Matschl von Alexander S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Matschl,
Mit großem Bedauern habe ich heute von diesem Artikel Kenntnis genommen:
http://serotonic.de/Weil-das-hier-eben-doch-nicht-nur-Internetist.-270.html
Die Autorin beschreibt wie sie schon sieben Jahre lang von einem Mann belästigt und genötigt wird - über das Internet. Ein Verfahren wurde eingestellt. Die Einstellung erfolgte weil es "an der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers fehle". Für Menschen die einen Teil ihres Lebens im Internet verbringen, ist dieser Satz nur schwer nachvollziehbar. Auch für mich.
Auch wenn ich großen Respekt vor der Arbeit der Polizei und Staatsanwaltschaft habe, so ist mir bewusst, dass die ermittelnden Beamten und Anwälte womöglich Computer und Internet privat nicht nutzen und damit nicht nachvollziehen können, dass die private Lebensgestaltung durchaus beeinträchtigt ist, falls man ein Opfer derartiger Taten wird. Die Geschichte ist ja nicht mit der Einstellung des Verfahrens beendet sondern gärt weiter. Den Opfern wird nicht geholfen. Die Täter fühlen sich gestärkt.
Daher meine Fragen an Sie:
- Was tun Sie um den Blick der Beamten, also der Polizei und Staatsanwälte, in diesem Bereich zu schärfen?
- Was sollten Polizei, Staatsanwälte und betroffene Bürger Ihrer Meinung nach tun, wenn sie an einen derartigen Fall kommen, der vielleicht mangels der Kenntnis der "Lebensgestaltung" eines Bürgers nicht vollumfänglich nachgekommen werden kann?
Dieses Anliegen ist mir deshalb wichtig weil Untätigkeit und Missverständnisse am Ende dazu führen, dass eine harmlos erscheinende Geschichte - hinter der sich aber knallhartes Mobbing verbirgt - schlussendlich zu einem tragischen Ende führen kann. Berichte in denen vergleichbare Tatbestände zu einem weit tragischeren Ausgang führten sind bereits bekannt.
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr Schwoch,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 05. Februar 2013 zum Thema „Stalking im Internet“. Hierzu kann ich Ihnen folgendes mitteilen:
Die Kommunikation unter Menschen spielt sich immer mehr im Internet ab. Phänomene wie der von Ihnen dargestellte Stalking-Fall sind daher auch im Internet mittlerweile keine Ausnahme mehr.
Die Schilderung des konkreten Falls und die erfolgte Verfahrenseinstellung zeigen auf, welche hohen Hürden das Strafgesetzbuch für die Strafbarkeit von Nachstellung („Stalking“) in §238 stellt: Das Handeln des Täters muss die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend beeinträchtigt haben. Die Möglichkeit einer Verurteilung hängt damit allein von der äußerlichen Reaktion des Opfers auf die Tat ab.
Ein Opfer, das standhaft bleibt, sich nicht beeindrucken lassen will und hierzu enorme psychische Belastungen auf sich nimmt, erfährt durch das Strafrecht keine ausreichende Unterstützung. Hier besteht aus meiner Sicht dringend Handlungsbedarf. Erste Überlegungen hierzu gibt es bereits. Am 8. Juni 2012 hat das Bayerische Staatsministerium für Justiz und Verbraucherschutz einen Gesetzesvorschlag erarbeitet, der genau jene Änderung des §238 StGB vorsieht.
Im Kern geht dieser Vorschlag in die Richtung den Straftatbestand in §238 von einem sogenannten Erfolgsdelikt in ein Eignungsdelikt umzuwandeln.
Im Kern würde dies bedeuten, dass nicht länger entscheidend wäre, ob die Tat eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers verursacht hat, sondern ob die Tat dazu geeignet ist, eine solche Beeinträchtigung herbeizuführen. Die Prognose wird sich an der zu erwartenden typischen Reaktion eines durchschnittlichen Betroffenen auf die konkreten Handlungen des Täters orientieren. Dabei sind auch die persönlichen Umstände, also auch der Umstand, dass sich das Sozialverhalten einer Person zu einem erheblichen Teil im Internet abspielt zu berücksichtigen.
Auch die Bayerische Polizei ist sich dem Problem „Stalking“ bewusst und befasst sich derzeit mit der Verbesserung der polizeilichen Reaktionsmöglichkeiten und Optimierung der rechtlichen Möglichkeiten im Bereich Stalking. Hierzu wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums des Innern eine bayernweite polizeiliche Arbeitsgruppe eingerichtet. Ein abschließendes Ergebnis hierzu steht allerdings noch aus.
Mit freundlichen Grüßen
Christa Matschl, MdL