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Cem Özdemir
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Sylvia H. •

Wie erklären Sie die Zustimmung einer auch "grünen" Bundesregierung zur Verlängerung der Zulassung von 14 Pestiziden, die eigentlich dieses Jahr erloschen wäre?

Sehr geehrter Herr Özdemir,
die EU-Mitgliedstaaten haben gerade mehrheitlich beschlossen, die Zulassung von 14 Ackergiften zu verlängern, deren Genehmigung diese Jahr ausgelaufen wäre. Darunter sind Wirkstoffe, deren Gefahreneinstufung von „kann das Kind im Mutterleib schädigen“ über „kann Säuglinge über die Muttermilch schädigen“ bis hin zu „kann vermutlich Krebs erzeugen“ reicht.
Aus dem Abstimmungsergebnis geht hervor, dass auch die deutsche Bundesregierung für die Zulassungsverlängerung gestimmt hat.

Meine Frage ist nun: Wie vereinbart sich dies mit Ihren Aussagen bezüglich eines Umbaus der Landwirtschaft zu einer ökologischen? Und by the way: Was ändert das neueste von Ihnen kreierte Tierwohllabel an den katastrophalen Haltungsbedingungen der Tiere?
Hat sich das Profil der Grünen mit der Regierungsbeteiligung geändert, wie schon in B-W geschehen? Macht Macht, daß Sie alle Ihre früheren Prinzipien vergessen?
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort,
freundliche Grüße,
S. H.

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Bei den in Rede stehenden „14 Ackergiften“ handelt es sich um formale Verlängerungen der jeweiligen Genehmigung von Wirkstoffen. Dieses Instrument ist dann erforderlich, wenn für einen Wirkstoff die Erneuerung der Genehmigung beantragt worden ist, die Bewertung aber nicht im eingeplanten Zeitrahmen abgeschlossen werden kann. Wenn die Gründe für die Verzögerungen nicht durch den Antragsteller verursacht worden sind, verlängert die Europäische Kommission den Genehmigungszeitraum um eine angemessene Zeit, damit das Verfahren ordnungsgemäß beendet werden kann, vergl. Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Würde die Genehmigung nicht verlängert, wäre die Bewertung nicht ordnungsgemäß abgeschlossen und das Genehmigungsende anfechtbar. Solche Verlängerungen sind auch in anderen Rechtsbereichen vorgesehen, bspw. im Biozidrecht.

Die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung sieht ein Anwendungsverbot ab dem 1. Januar 2024 vor. Zudem hat sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, Glyphosat 2024 vom Markt zu nehmen.

Die aktuelle Legaleinstufung, die im Rahmen des Chemikalienrechtes im Einklang mit internationalem Recht erfolgt und verbindlich ist, weist Glyphosat nicht als krebserregend aus. Die Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) hat zuletzt im vergangenen Jahr die Legaleinstufung von Glyphosat überprüft.

Zu der von Ihnen angeführten Studie ("Urinale 2015"-Studie der Heinrich Böll Stiftung) wurde vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Presseinformation mit einer Bewertung veröffentlicht (abrufbar auf der Internetseite https://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2016/11/glyphosat_im_urin__werte_liegen_auch_bei_kindern_im_erwartbaren_bereich_und_sind_gesundheitlich_unbedenklich-196812.html). Lt. BfR wird Glyphosat demnach, vorwiegend im Urin, rasch wieder ausgeschieden. Insofern seien Glyphosatnachweise im Urin von Menschen zu erwarten. Die ermittelten täglichen Aufnahmemengen lägen jedoch um ein Vielfaches unter den für Glyphosat abgeleiteten gesundheitsbezogenen Grenzwerten (ADI (täglich duldbare Aufnahmemenge) und ARfD (Menge eines Stoffes, die über einen Tag lang ohne erkennbares Gesundheitsrisiko mit der Nahrung aufgenommen werden kann). Es seien somit keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten.

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Zur Tierhaltungskennzeichnung:

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die landwirtschaftliche Tierhaltung in Deutschland zukunftsfest zu machen. Ein Baustein dafür ist die geplante Tierhaltungskennzeichnung. Sie ist für Lebensmittel, die aus Deutschland stammen, verpflichtend. Mit dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz wird zunächst frisches Schweinefleisch mit der Haltungsform der Tiere gekennzeichnet, von denen das Fleisch stammt. Damit sind primär keine neuen Anforderungen an die Tierhaltung verbunden, sondern die Tierhaltungskennzeichnung schafft für Verbraucherinnen und Verbraucher Transparenz beim Einkauf. Verbraucherinnen und Verbraucher können damit eine informierte Kaufentscheidung treffen und sich bewusst zwischen verschiedenen Tierhaltungsformen entscheiden. Gleichzeitig ist das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz das Ankergesetz für den Umbau der Tierhaltung hin zu tiergerechteren Haltungsformen.

Den Tierschutz umfassend und nachhaltig zu verbessern hat für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine hohe Priorität. Der Koalitionsvertrag sieht unter anderem vor, das Tierschutzgesetz zu verbessern. Die Änderung wird eine Vielzahl an Tierschutzthemen ansprechen und weitere Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umsetzen. Gleichzeitig wird das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung um Haltungsanforderungen für Tierarten ergänzen, die derzeit dort noch nicht spezifisch geregelt sind.

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