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Cem Özdemir
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Frage von Martin G. •

Die neue GLÖZ 8-Regelung bei der 4% Stilllegung von Ackerflächen trägt zum Artensterben bei und führt im Folgejahr zu einem Mehrverbrauch von Herbiziden. Welche Ziele verfolgen Sie damit?

Landwirte mit mehr als 10ha Ackerland müssen jedes Jahr 4% der Ackerfläche stilllegen. Nach der neuen Regelung für 2023 darf der Boden nach der Ernte nicht mehr bearbeitet werden und ist der "Selbstbegrünung" zu überlassen, dies gilt für ein gesamtes Antragsjahr. Da es sich nur um eine Vegetationsperiode handelt wird hier nichts Natur-Grün werden. Einzig, bereits auf der Fläche vorhandene Unkräuter samen dann aus und werden im Folgejahr vermehrt mit Herbiziden bekämpft. Des weiteren ist so ein Stoppelfeld massiv der Bodenerosion ausgesetzt. Vor der Neuregelung wurden diese Flächen aktiv mit z.B. einer Mischung aus Phacelia, Ramttilkraut und verschiedener Kleearten begrünt. Diese Pflanzen ernährten Millionen Insekten und boten ein Winterquartier für die Tiere und schützten den Boden vor Erosion. Außerdem war eine Gründüngung vorhanden und weniger Kunstdünger mußte eingesetzt werden. Soll hier Aktiv der Markt für Herbizide und Kunstdünger auf Kosten der Biodiversität angekurbelt werden?

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Nach den Regelungen zu dem Standard Nr. 8 zur Einhaltung eines guten landwirtschaftlichen Zustandes (GLÖZ 8) sind im Rahmen der EU-Agrarförderung grundsätzlich mindestens 4 Prozent des Ackerlandes eines Betriebes mit Ackerbrachen oder Landschaftselementen zu erbringen. Einzelne brachliegende Flächen müssen dabei eine Mindestgröße von 0,1 Hektar aufweisen.

Anders als in der Frage dargestellt, können die brachliegenden Flächen neben einer Selbstbegrünung auch durch Aussaat begrünt werden. § 21 der GAP-Konditionalitäten-Verordnung regelt, dass die anzurechnenden brachliegenden Flächen während des ganzen Antragsjahres, beginnend unmittelbar nach der Ernte der Hauptkultur im Vorjahr, der Selbstbegrünung zu überlassen oder durch Aussaat zu begrünen sind. Die Begrünung durch Aussaat darf hierbei nicht mittels Reinsaat einer landwirtschaftlichen Kulturpflanze erfolgen. Eine Reinsaat liegt vor, wenn Samen nur einer Spezies verwendet werden. Die Bodenbearbeitung und der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sind auf solchen Flächen untersagt. Eine Bodenbearbeitung ist nur zulässig, soweit dadurch die Verpflichtung zur Begrünung durch Aussaat erfüllt wird.

Landwirtinnen und Landwirte haben damit die Wahl, ob sie die Brachflächen bei GLÖZ 8 - wie zuvor dargestellt - der Selbstbegrünung überlassen oder aktiv begrünen. Damit können die Vorteile der aktiven Begrünung weiterhin genutzt werden. Ab dem 1. September des Antragjahres darf auf den brachliegenden Flächen dann eine Aussaat (zum Beispiel von Winterweizen), die nicht vor Ablauf dieses Jahres zur Ernte führt, vorbereitet und durchgeführt oder der Aufwuchs durch Schafe oder Ziegen beweidet werden. Eine Aussaat von Wintergerste oder Winterraps darf bereits ab dem 15. August vorbereitet und durchgeführt werden.

Durch die Regelungen zu GLÖZ 8 soll vor allem ein Beitrag zur Verbesserung der Biodiversität auf landwirtschaftlichen Betrieben geleistet werden. Insbesondere wenn Landwirtinnen und Landwirte dieselben Flächen bei GLÖZ 8 mehrere Jahre hintereinander brachliegen lassen und diese Flächen der Selbstbegrünung überlassen, können – viel stärker als bei einer Begrünung durch Aussaat – autochtone, standortangepasste lokale Pflanzenarten neuen Lebensraum erhalten mit positiven Auswirkungen auf die Insektenvielfalt. 

Mit diesen Regelungen werden den Landwirtinnen und Landwirten einerseits die im EU-Recht vorgesehen zusätzliche Möglichkeiten eröffnet. Andererseits werden auch die Belange der Biodiversität und des Klimaschutzes berücksichtigt, um so langfristig die natürlichen Ressourcen erhalten und die Ernährung sichern zu können.

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