Frage an Cem Özdemir von Jens M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Özdemir,
in Kürze wird der EU-Ministerrat über eine Änderung der Richtlinie 2002/58/EG im Rahmen des „Telekom-Pakets“ abstimmen.
Größte Sorgen macht mir der Änderungsvorschlag Nr. 181 des Europaparlaments. Danach sollen in einem neuen Absatz 6a des Artikels 6 der Richtlinie Telekommunikationsanbieter ermächtigt werden, sensible Verbindungs- und Standortdaten zu erfassen und zu speichern, „um technische Maßnahmen für Netz- und Informationssicherheit [...] durchzuführen [...], sofern nicht das Interesse oder die geschützten Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.“ Damit wird eine Vorratsdatenspeicherung zu privaten Zwecken gestattet.
Laut Protokoll der namentlichen Abstimmung haben Sie sich an der Abstimmung nicht beteiligt. Gibt es einen Grund, warum Sie diese Chance, einen weiteren Angriff auf die Bürgerrechte abzuwehren, nicht genutzt haben? Wie stehen Sie zu dem genannten Änderungsvorschlag Nr. 181?
Mit freundlichen Grüßen
J. M.
Sehr geehrter Herr Müller,
ich stimme Ihnen zu, dass mit dem Änderungsantrag Nr. 181 durch die "Hintertür" die Vorratsdatenspeicherung von sensiblen Daten ermöglicht werden soll. Folglich wird erneut versucht, die Grundrechte der Bürger mit dem Argument der Sicherheit zu beschneiden. Dagegen setzt sich meine Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament entschieden ein. Innere Sicherheit und der Erhalt der Bürgerrechte müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Nach den Beratungen im Ministerrat wird das Paket dem Parlament ein zweites Mal zur Abstimmung vorgelegt werden. Bei dieser 2. Lesung können Anträge allerdings nur noch mit einer absoluten Mehrheit angenommen bzw. verworfen werden.
An der Abstimmung am 24. September im Europäischen Parlament konnte ich leider nicht teilnehmen. Eine große Mehrheit der Grünen Fraktion jedoch hat gegen den Änderungsvorschlag Nr. 181 gestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir