Frage an Cem Özdemir von Sassan T. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Özdemir,
eine Frage zur Außenpolitik ihrer Partei. Betreffend dem Nahost-Konflikt.
Ein wesentliches Hindernis auf dem Weg zur Beilegung dieses Konfliktes, scheint die Präsenz der Hamas in dem von ihr kontrollierten Gaza-Streifen zu sein.
Es ist fakt, dass diese Gruppierung, die sich durch die Wahl vom Volk als legitime Herrscher fühlt, immer mehr dikatorische Züge entwickelt. Auch aufgrund dessen, dass die westlichen Regierungen jedweden Dialog mit der Hamas kategorisch verweigern. Diese Haltung spielt den Hardlinern direkt in die Hände und schwächt die gesprechswilligen Reformer innerhalb des Gaza-Streifens und innerhalb der Hamas.
Sollte unsere Regierung zum Wohle eine Fortschritts in diesen festgefahrenen Friedensverhandlungen nicht diese starre Haltung aufgeben?
Wie gesagt, die herrschende Hamas im Gaza-Streifen ist Faktum und kann nicht einfach ignoriert werden, genausowenig wie das Leiden der 2 Millionen Palästinenser, die im Gaza-Streifen unter diesen schrecklichen Bedingungen leben müssen.
Züchtet man sich durch so eine Haltung nicht eine neue Generation von Radikalen heran? Sollten wir Deutschen in dieser Frage nicht einen anderen Weg einschlagen, sowie vorraussichtlich der neue Präsident der USA ebenfalls einen neuen weg im Umgang mit der Hamas einschlagen wird? Sofern die Demokraten unter Obama gewinnen werden. Ex-Präsident Carter hat den Weg bereits gezeigt.
Wie stehen Sie dazu?
Mit freundlichen Grüssen
Sassan Tahmasebi
83435 Bad Reichenhall
Sehr geehrter Herr Tahmasebi,
die Frage nach dem Umgang mit der Hamas ist insbesondere von Deutschland aus nicht leichtfertig zu bewerten.
Die Hamas hat sich nie von ihren radikal antiisraelischen, teils antisemitischen Positionen distanziert. Teile der Hamas rechtfertigen Gewalt auch gegen Zivilisten im Konflikt mit Israel. Hinzu kommen menschenrechtliche Haltungen, wie etwa mit Blick auf die Rechte von Frauen, die wir nicht akzeptieren können.
Zugleich gibt es moderatere Stimmen in der Hamas, die in der Vergangenheit eine Lösung auf Basis der Grenzen von 1967 in Aussicht gestellt haben. In den letzten Monaten hat ein Waffenstillstand, der zwischen Israel und der Hamas ausgehandelt wurde, zur Sicherheit der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten beigetragen. Es hat sich gezeigt, dass Verhandlungen mit der Hamas hier mehr bewirken können als der ausschließliche Versuch der Isolation oder Bekämpfung. In diesem Sinne bin ich der Meinung, dass an dem Versuch eines Dialogs kein Weg vorbeiführt.
Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir