Frage an Cem Özdemir von Ursula und Winfried B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Özdemir,
wie wir mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen müssen, hat Minister Schmidt im Alleingang für die Verlängerung des Glyphosat-Einsatzes gestimmt. Dies ist ein Affront gegenüber dem möglichen Koalitionspartner SPD und ein unglaublicher Vorgang. Dies bestärkt uns in der Ansicht, dass in der deutschen Politik Wirtschaftsinteressen vor Gesundheitsfürsorge gehen. Bezüglich unser aller Gesundheit: selbst wenn nur ein Verdacht besteht, dass Glyphosat gesundheitsschädlich oder gar krebserregend sein könnte, dann verbietet sich dessen Einsatz, bis wissenschaftlich neutral seriös das Gegenteil bewiesen ist!
Dieser Vorgang wird weitere Politikverdrossenheit fördern und ist geeignet, die Glaubwürdigkeit der deutschen Politik zunehmend in Frage zu stellen. Unserer Meinung nach müsste Minister Schmidt sofort die Konsequenzen ziehen und zurücktreten. Wir hoffen, dass die SPD die anstehenden GROKO Sondierungsgespräche ablehnen wird, wenn alles so bleibt wie es ist.
WAS WERDEN SIE UNTERNEHMEN?
Hochachtungsvoll
Zwei empörte und zutiefst enttäuschte Bürger
Ursula und Winfried Busch
Sehr geehrte Frau B., sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihr Statement und Ihre Frage.
Bevor ich konkret auf Ihre Frage eingehe, möchte ich klarstellen: Eine Landwirtschaft ohne Glyphosat und Ackergifte ist möglich und dringend nötig. Um anderweitigen und unsachlichen Behauptungen zu diesem Thema entgegenzuwirken, hat die Grüne Bundestagsfraktion die gängigsten Mythen und Fakten zu Glyphosat in einer lesenswerten Übersicht zusammengestellt (Website Grüne Bundestagsfraktion: https://www.gruene-bundestag.de/themen/glyphosat/mythen-und-fakten-zu-glyphosat).
Das Verhalten der schwarz-roten Bundesregierung beim Thema Glyphosat ist in der Tat scharf zu kritisieren. Wir erinnern uns, dass auf Druck einer engagierten Öffentlichkeit im März 2018 der Glyphosat-Ausstieg versprochen und in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde. Von diesem Versprechen ist nichts geblieben: Nationale Zulassungen für Glyphosat-Produkte wurden ohne Einschränkungen verlängert, die Bundesregierung hat sogar Neuzulassungen erteilt (Spiegel Online berichtete: https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/glyphosat-behoerde-genehmigt-18-pflanzenschutzmittel-a-1256030.html). Selbst ein Privatanwender-Verbot ist nicht in Sicht. Ihr bereits Ende 2017 zum Ausdruck gebrachtes Misstrauen gegenüber der großen Koalition war leider mehr als berechtigt.
Wir Grünen fordern deswegen umso vehementer ein schnelles und entschiedenes Vorgehen gegen Glyphosat, um die Gesundheit von Verbraucherinnen zu schützen und die biologische Artenvielfalt zu erhalten. Konkret wollen wir sofortige Anwendungsbeschränkungen und ein schnellstmögliches Verbot von Glyphosat. Darüber hinaus wollen wir mehr Transparenz bei den Zulassungsverfahren und fordern lückenlose Aufklärung aller Vorwürfe gegen die deutschen und EU-Bewertungsbehörden. Mit Blick auf die Landwirtschaft insgesamt fordern wir, die Abhängigkeit von chemischem Pflanzenschutz zu beenden und eine konsequente Pestizidreduzierung, die auch Vorgaben für Futtermittelimporte umfasst. Weitere Forderungen der Grünen Bundestagsfraktion zum Thema Glyphosat finden sie unter: https://www.gruene-bundestag.de/themen/glyphosat
Sie sehen, wir Grünen haben beim Thema Glyphosat eine klare Haltung. Die Zeit für konkretes Handeln durch den Bund drängt, denn Umwelt- und Gesundheitsschutz dulden keinen weiteren Aufschub.
Mit herzlichen Grüßen
Cem Özdemir