Frage an Cem Özdemir von Tom K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Özdemir,
ich habe gestern (11.12.2014) Ihren Auftritt bei Maybrit Illner verfolgt. Leider haben Sie nur ausweichend auf die Frage geantwortet, warum alle Teilnehmer der Pegida Demos "Mischpoke" sind. Vielleicht können Sie hier ja nochmal auf diese Aussage eingehen?
Ich finde es sehr traurig, dass Sie Leute, die anders denken als sie, einfach über einen Kamm scheren. Ich hätte von einem MdB ein differenzierteres Denken erwartet. Die Welt besteht leider nicht nur aus schwarz und weiß...oder rot grün :-)
Ich, als jemand der nach ihrer Auffassung auch fremdenfeindlich ist, weiß sehr wohl zwischen Flüchtlingen aus Krisengebieten oder Wirtschaftsflüchlingen, Zuwanderern oder Fundamentalisten zu unterscheiden und ich glaube ein Großteil der deutschen auch.
Verstehen Sie mich nicht falsch, aber genau Ihre Einstellung und Ihr Umgehen mit dem Thema, bereitet den Nährboden für Gruppierungen wie die Pegida. Ich für meinen Teil bin es einfach leid, als fremdenfeindlich hingestellt zu werden oder das mir gesagt wird, wie ich zu denken habe. Vielleicht sollten sie den Leuten mal zuhören und diese nicht gleich als Mischpoke bezeichnen. Ich bin mir sicher Sie wären überrascht, wieviele Leute gar nicht so fremdenfeindlich sind, wie sie immer darstellen.
MfG
TK
Sehr geehrter Herr Kwei,
Ihren Hinweis, die Welt bestehe „nicht nur aus schwarz und weiß“ sowie die Erwartung auf „differenzierteres Denken“ sollten Sie bei Gelegenheit mit Pegida-Anhängern diskutieren. Ich bin sehr gespannt auf die Antworten.
Ihre Darstellung hinkt gewaltig: Weder höre ich nicht zu, noch schreibe ich Ihnen oder sonst wem vor, was er oder sie zu denken hat. Vermutlich mehr als 80 Prozent meiner Arbeit ist Kommunikation. Zuzuhören, Erfahrungen und Hinweise aufzunehmen sowie gegebenenfalls meine Ansichten geduldig zu erklären, gehört zu meinem Job. Ich mache das viel und gerne – sei es in Fußgängerzonen, bei Veranstaltungen, per Brief, per Mail, hier auf Abgeordnetenwatch oder sonst wo. Im Gegenteil, mein Büro und ich erhalten so viele Anfragen, dass wir mit dem Antworten kaum hinterher kommen und es leider manchmal etwas dauert.
Wer aber bei Demonstrationen mitmacht, auf denen extremistische Transparente, Sprechchöre und Redner gang und gäbe sind, mit dem setze ich mich politisch zwar auseinander, aber reden muss ich mit dem nicht. Damit halte ich auch nicht hinterm Berg, ebenso wie mit meiner scharfen Kritik an Pegida. Das müssen diejenigen, die sich da angesprochen fühlen, schon aushalten und ertragen – dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung sei Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir