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Cem Özdemir
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Wolfgang W. •

Frage an Cem Özdemir von Wolfgang W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Özdemir ,

warum thematisieren Sie bzw. Ihre Partei das Ihren Wahlkreis betreffende Thema
"Stuttgart21" nicht ?
Können Sie definitiv versprechen, daß es nach der Bundestagswahl n i c h t
zu einer schwarz-grünen Koalition kommt ?

Für Ihre Antworten im Voraus vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen

W.Weiss

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Weiss,

eines kann ich Ihnen versichern: auf jeder Veranstaltung, die ich in den letzten Wochen und Monaten besucht habe, ist Stuttgart 21 ein relevantes Thema, das die Bürger beschäftigt und bewegt. Auch außerhalb Stuttgarts. Am 30. August 2013 findet im Gewerkschaftshaus in Stuttgart eine weitere Veranstaltung zur Bahnpolitik statt: Gemeinsam mit Toni Hofreiter, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, werde ich über das Thema „Welche Bahn-Infrastruktur brauchen wir? S21, Bahn-Chaos in Mainz - Die Deutsche Bahn auf falschen Gleisen!“ diskutieren.

Stuttgart 21 ist nach wie vor eines der umstrittensten Verkehrsgroßprojekte in unserem Land. Bündnis 90/Die Grünen hat stets auf die Risiken und Defizite des Projekts hingewiesen, gerade was die Kostenprognose und Leistungsfähigkeit angeht.

Wie Sie wissen, hat bei der Volksabstimmung am 27. November 2011 eine Mehrheit im Land und auch in Stuttgart gegen den Ausstieg des Landes aus der Finanzierung gestimmt. Das Projekt war im Anschluss daran weiterhin umstritten, gerade angesichts der massiven Kostensteigerungen. Doch auch der Aufsichtsrat der Bahn hat schließlich am 05. März 2013 für den Bau des Tiefbahnhofs trotz erheblich gestiegener Kosten votiert. Der Kostenrahmen wurde um 2 Mrd. auf ca. 6,5 Mrd. Euro erhöht. Die baden-württembergische Landesregierung steht zu ihrem vertraglich vereinbarten Zuschuss von 930 Mio. Euro. Sie hat aber auch wiederholt klar gemacht, dass sie sich darüber hinaus nicht an weiteren Mehrkosten beteiligen wird. Hierzu gibt es einen einstimmigen Beschluss des Kabinetts.

Diese Entscheidungen, auch wenn wir sie aus inhaltlichen Gründen für falsch empfinden, sind aus unserer Sicht zu respektieren. Es bedeutet nun aber nicht, dass wir deshalb unsere Meinung ändern, was den Bahnhof angeht. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Bahnknoten Stuttgart modernisiert werden muss - Stuttgart 21 ist und bleibt aus unserer Sicht die falsche Antwort.

Ich möchte auch daran erinnern, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung Verantwortung für die Fortführung dieses Projektes trägt: Stuttgart 21 wurde dieses Jahr - gerade im Vorfeld der Entscheidung des Bahn-Aufsichtsrates - im Kanzleramt auf Gedeih und Verderb durchgedrückt. Die KritikerInnen der Grünen scheinen das mitunter zu ignorieren. Das ist sehr bedauerlich, wenn hier quasi der Gärtner zum Bock gemacht wird.

Jedes Thema, das die Menschen interessiert und bewegt, spielt im Wahlkampf eine Rolle. Nur eines ist dabei auch klar: Wir werden uns nicht hinstellen und behaupten, das Projekt aufhalten zu können. Das wäre weder seriös noch glaubwürdig angesichts des bekannten Ausgangs der Volksabstimmung und der Entscheidung des Bahn-Aufsichtsrates. Auch wenn jetzt viele Enttäuschungen bei der grünen Landesregierung abgeladen werden, möchten wir doch auf eines hinweisen: Die Pro-Stuttgart 21 Parteien waren und sind: CDU, SPD und FDP, im Stuttgarter Gemeinderat ergänzt durch die Freien Wähler.

Es ist zugleich im Interesse des Landes und der Bürgerinnen und Bürger genau hinzusehen angesichts offensichtlicher Problemen und bekannter Risiken. Gerade die Erfahrungen mit Großprojekten wie dem Berliner Flughafen sollten uns lehren, weiterhin genau hinzuschauen - sei es bei den Kosten, beim Brandschutz oder dem Schutz vor Beeinträchtigungen der Umwelt. Dieser Pflicht werden wir konstruktiv-kritisch und gewissenhaft nachkommen.

Aktuell erfolgt eine unabhängige Prüfung der Kostenrisiken durch den Bundesrechnungshof. Es ist offen, wann der Bundesrechnungshof sein Prüfergebnis veröffentlichen wird. Wenn in diesem Zusammenhang nochmals eine deutliche Kostenüberschreitung ermittelt wird, dann werden wir fordern, dass der Aufsichtsrat sich erneut mit dem Projekt befasst. Ich gebe hierbei aber zu bedenken, dass neben der CDU/CSU und FDP bekanntermaßen auch die SPD hinter dem Projekt steht, ungeachtet der bislang schon bekannten Kostensteigerungen. Deswegensollten sich alle Kritiker/innen gezielt auch an die Vertreter der Pro-S21-Parteien wenden, um uns aktiv zu unterstützen.

Zu Ihrer Frage nach einer schwarz-grünen Koalition: Wir haben immer wieder klar gemacht, dass wir eigenständig für unsere Ideen und Inhalte kämpfen. Wir kämpfen in diesem Bundestagswahlkampf für starke GRÜNE in einer Regierungskoalition mit der SPD, weil wir in diesem Regierungsbündnis die besten Chancen sehen, unsere politischen Inhalte umzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Cem Özdemir

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