Frage an Cem Özdemir von Michael B. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Birkenfeld,

das Video ist ein Wahlaufruf in türkischer Sprache - ich sehe nicht, wie das die Teilhabe von türkischstämmigen Menschen behindert. Wir Grüne nehmen Menschen türkischer Herkunft auch als Bürgerinnen und Bürger Ernst - das unterstreichen wir mit diesem Wahlaufruf. Das tun übrigens US-amerikanische Politiker ebenso, wenn sie vor Bürgerinnen und Bürgern hispanischer Herkunft auch einmal Spanisch sprechen. Im Übrigen richtet sich dieser Wahlaufruf auch an die vielen Türkischstämmigen, die sehr gut Deutsch sprechen. Vor diesem Hintergrund hat der Aufruf eine wichtige symbolische Bedeutung - etwas, was gerade die CDU/CSU bis heute nicht begriffen hat.

Tatsächlich sollte man als Wahlberechtigter über ausreichend Deutschkenntnisse verfügen, um selbständig am politischen Geschehen teilzuhaben. Dieser Wahlaufruf ist keine Aufforderung an Türkischstämmige, morgen mit dem Erlernen der deutschen Sprache aufzuhören. Vielmehr ist es ein Aufruf an sie, ihr Kreuz bei den Grünen zu machen, denn wir sind es, die sich dafür einsetzen, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland bessere Bildungschancen bekommen! Gerade weil Deutsch, für alle, die hier aufwachsen und leben, die wichtigste Sprache ist, denn sonst bleiben ihnen viele Türen verschlossen. Kinder aus Arbeiterfamilien - ob nun deutscher oder nicht-deutscher Herkunft - werden in unserem Bildungssystem aussortiert, auch in Baden-Württemberg. Dagegen wehren wir uns und bitten die Wählerinnen und Wähler um Unterstützung.

In diesem Video gibt es neben den von Ihnen genannten auch noch zahlreiche andere Themen, die ich nicht anspreche. Falls Sie mit Ihrer Frage aber suggerieren wollen, dass ich Hemmungen habe, die Themen Frauenrechte und Rechte von Homosexuellen anzusprechen, so kann ich Sie beruhigen. In unserem Faltblatt "10 Gründe für Grün" in türkischer Sprache, heißt es bei einem der 10 Gründe, Grün zu wählen, unmissverständlich: "Wir sind die Partei, die für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern kämpft." Und Vorurteile gegenüber Homosexuellen - worunter auch schwule und lesbische Migrantinnen und Migranten zu leiden haben - bekämpfe ich ebenso wie meine Partei und mache das auch zum Thema in Diskussionen und Gesprächen mit Migrantinnen und Migranten (wie übrigens auch Klimaschutz und Umweltverhalten). Hier finden Sie beispielsweise ein entsprechendes Grußwort von mir zu den Respect Gaymes des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburgs:

http://www.berlin.lsvd.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=155&Itemid=184

Mit freundlichen Grüßen

Cem Özdemir
http://www.cem-stuttgart.de