Am 16. September 2024 wurde der Referentenentwurf zur Neuregelung der Betreuervergütung veröffentlicht. De facto werden falsche Anreize gesetzt, die Vergütung sinkt. Wie stehen Sie dazu?
Quelle:
https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2024_Neuregelung_Betreuerverguetung.html?nn=13870
Ich arbeite als selbstst. Berufsbetreuer. Hauptsächlich arbeite ich mit Suchtkranken und psychisch Kranken. Die meisten leben zu Hause oder in den WGs. Der Referentenentwurf beschneidet die Vergütung für in der Wohnung lebende Klienten, erhöht sie aber nur etwas für die Heimbewohner. Ambulant vor stationär hat ausgedient? Die Selbstbestimmung wird erheblich leiden. Mein Büro alleine würde rund 10.000 € weniger im Jahr vereinnahmen. Das System Betreuung wird einen erheblichen Flurschaden nehmen, die Betreuungsvereine und selbstst. Berufsbetreuer werden noch schneller aufgeben müssen, Qualitätseinbußen drohen. Die Leidtragenden werden die betreuten Menschen sein. Vakante und neue Betreuungen werden haufenweise als Behördenbetreuungen bei der Kommune landen. Das kann nicht das gewünschte Ziel sein.
Sehr geehrter Herr A.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr wichtiges Engagement als beruflicher Betreuer. Der vorliegende Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium soll die Vergütungsstrukturen für u.a. berufliche Betreuer und Vormünder vereinfachen sowie die Vergütung für diese um durchschnittlich 12,7 Prozent unter Berücksichtigung der Inflation erhöhen, was grundsätzlich erst einmal positiv zu bewerten ist. Basis dafür war die vorangegangene Evaluation des Vergütungssystems.
Allerdings, und darauf beziehen Sie sich, darf eine als Vereinfachung der Vergütung beabsichtigte Strukturänderung nicht dazu führen, dass eine selbstbestimmte Betreuung in den eigenen vier Wänden erheblich erschwert wird und der Grundsatz ambulant vor stationär faktisch durch mangelnde Vergütung ausgehebelt beziehungsweise konterkariert wird.
Die Bundesländer haben, ebenso wie Verbände, noch bis zum 25.10.2024 die Gelegenheit, Stellungnahmen zum Referentenentwurf abzugeben, letztlich handelt es sich um ein Bundesgesetz. Da der Gesetzgebungsprozess gerade erst gestartet ist, sind Änderungen durchaus möglich. Aus der Opposition auf Landesebene heraus sind hier die Möglichkeiten jedoch beschränkt. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass sich der Senat hierzu positionieren muss. Ich und meine Kolleg*innen werden an geeigneter Stelle eine entsprechende Frage stellen. Und auch Sie können bei der zuständigen Justizverwaltung auf deren Stellungnahme drängen.
Für mich ist klar: An erster Stelle muss das Selbstbestimmungsrecht der Betreuten stehen und Betreuer*innen, die dies unterstützen, sollte es nicht schwer gemacht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Catherina Pieroth