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Carsten Werner
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Frage von Ralph M. •

Frage an Carsten Werner von Ralph M. bezüglich Medien

Sehr geehrter Herr Werner,

ihre Antwort auf die Frage von Herrn Caspari zum Thema Bürgerrundfunk versetzt mich wiederum in Erstaunen. Denn alle ihre genannten Entwicklungsmöglichkeiten existieren bereits im heutigen Bürgerrundfunk. Es existieren Stadtteilradios, Schüler- und Jugendradios und ein umfangreiches lokales Kulturradio das sie selbst über längere Zeit verantwortet haben. Es ist Ihnen also sehr wohl bewusst dass all die genannten Projekte im heutigen Bürgerrundfunk durchführbar sind, wobei dieser lediglich die technische Infrastruktur und Rahmenbedingungen wie die GEMA- und GVL-Lizenzierung bereitstellt. Zu mehr ist er meines Wissens derzeit personell auch nicht in der Lage. Wenn Sie mehr solche Projekte wünschen können Sie diese also jederzeit durch Bereitstellung von Ressourcen in der jeweiligen Einrichtung, seien es Schulen, Jugendwerkstätten oder Vereine, initiieren. Was bleibt also von Ihrer Modernisierung des Bürgerrundfunks? Einzig der Ausschluss der "zufälligen Nutzer" und die Etablierung einer Kontrollinstanz die über die Zulässigkeit von Inhalten entscheidet. Da Sie in Ihrem Vorschlag selbst die Wichtigkeit der Unabhängigkeit von Einschaltquoten erwähnen und diese sicherlich auch für Ihr eigenes Projekt überlebensnotwendig sein dürfte, kann Ihre Motivation nicht eine Erhöhung der Reichweite sein. Darum hier meine Frage: weshalb möchten Sie unabhängige Produzenten vom Bürgerrundfunk ausschließen, obwohl die von Ihnen genannten Projekte mit dem bisherigen Prinzip des offenen Zugangs absolut verträglich sind?

Mit freundlichen Grüßen
Ralph Möller

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Möller,

ich finde es für ein Projekt der finanziellen und auch personellen Größenordnung des Bürgerrundfunks nicht ausreichend, technische Infrastruktur und Gema-Lizensierungen an die zu liefern, die sie dort abfordern.

Meine Ansprüche an so ein Angebot habe ich in der Antwort an Herrn Caspari skizziert.
Mir geht es nicht darum, dass einzelne Initiativen und Nutzer den Bürgerrundfunk als – aus heutiger Sicht technisch und finanziell besonders aufwendigen – Vertriebsweg nutzen können. Der Bürgerrundfunk soll aktiv Medienkompetenz und –praxis im beschriebenen Sinne initiieren und vermitteln, das kann man nicht einfach “Schulen,Jugendwerkstätten oder Vereinen” überlassen. Nicht “ich” muss, kann oder will solche Projekte initiiieren, sondern der Bürgerrundfunk. Sie bestätigen ja in ihrem Schreiben, dass er dies derzeit nicht leistet und dass Sie die Addition und “Versendung” bestehender externer Programme ausreichend finden. Das sehe ich anders:

Wenn Medienkompetenz in einem inhaltlichen, qualitativen Sinn über ein eigenständiges Medium, einen eigenständigen Sender vermittelt werden soll – und das ist ein hohes und teures Gut -, dann muss mehr passieren als “machen lassen”. Dazu gehören meiner Ansicht nach auch redaktionelle, journalistische, sprachliche und programmliche Abwägungen, Diskussionen, Streits und Entscheidungen. Wie man die herbeiführt, quotiert, moderiert und schließlich präsentiert, das muss entwickelt werden. Ob das allein aus den Ressourcen des Bürgerrundfunks möglich ist oder weiterer Mittel und Partner bedarf, ob sich das auf Hörfunk und Fernsehen gleichermaßen beziehen kann, wie die Nutzer mit ihren Anliegen einbezogen und gefördert werden – all das gilt es zu herauszufinden und irgendwann zu entscheiden. Dies ist lange nicht passiert. Dabei geht es mir weder um einen Ausschluss von Nutzern noch um eine zensierende Kontrollinstanz. Sondern um Anleitung, Motivation, Unterstützung, Förderung. Lehrer in der Schule, Ausbilder in Betrieben oder Eltern und Großeltern in Familien sind ja auch keine Unterdrücker der Meinungs- oder Kunstfreiheit.

Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Werner