Frage an Carsten Träger von Dr. Lienhard W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Lieber Carsten Träger,
nachdem jetzt die Groko ihren Klimapakt vorgestellt hat, bin ich schockiert. Denn dieses Abkommen wird der Krise nicht gerecht. Vielmehr ist es der übliche kleinste gemeinschaftlich Nenner, der zur Routine des Politikbetriebes gehört. Der umfassenden globalen Bedrohung unserer Lebensgrundlagen wird dieser eingefahrene Politikstil nicht gerecht.
In diesem Zusammenhang habe ich einige Fragen an Sie:
Meines Wissens kostet in der Schweiz eine Tonne CO2 90 Euro. Warum nicht auch bei uns? Warum verhindern Sie mit dem Klimapakt der Groko, daß klimaschädliches Verhalten teuer wird und klimafreundliches Verhalten sich lohnt? Warum bauen Sie nicht umweltschädliche Subventionen ab, z. B. das Dieselprivileg und die skandalöse Steuerbefreiung für Kerosin oder die Pendlerpauschale? Damit würden auch Mittel freiwerden, um die Klimaschutz-Wende zu finanzieren. Warum setzt die Groko nicht auch beim Freihandelsabkommen mit den Mercosourstaaten klimapolitische Akzente? Warum wird der Freihandel nicht an eine Aufforstung des Regenwaldes geknüpft?
Was nützt uns eine Groko, wenn Sie gegenüber kurzfristigen Lobbyinteressen einknicken?
Beste Grüße
Lienhard W.
Sehr geehrter Herr Dr. W.,
ich kann Ihre Einschätzung der hier auf den Weg gebrachten Klimaschutzpakets nicht teilen. Ich bewerte das Klimaschutzpaket als einen großen Schritt in die richtige Richtung, insbesondere das vereinbarte Klimaschutzgesetz.
Bei diesem Klimaschutzpaket handelt es sich um ein umfassendes Maßnahmenbündel, das die Klimaziele verbindlich und überprüfbar macht, massiv in den Klimaschutz investiert, Innovationen fördert, gesetzliche Standards festlegt und dem Ausstoß von CO2 einen Preis gibt. Dabei hat die SPD-Fraktion zum einen darauf geachtet, dass Deutschland auch in Zukunft wirtschaftlich stark bleibt und Arbeitsplätze gesichert beziehungsweise neu geschaffen werden. Zum anderen war es den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten besonders wichtig, dass das Paket sozial ausgewogen ist. Klimaschutz kann nur gelingen, wenn alle mitgehen können und niemand überfordert wird, auch bei kleinen und mittleren Einkommen.
Mit dem Klimaschutzgesetz schafft die Koalition eine neue Form von Verbindlichkeit und Verantwortlichkeit: Das Klimaschutzgesetz schreibt die Klimaziele erstmals gesetzlich fest. Und ihre Einhaltung wird jährlich überprüft: Künftig soll in Abstimmung mit einem externen Expertenrat jährlich bewertet werden, ob die einzelnen Sektoren auf dem richtigen Weg sind. Wenn nicht, muss in dem jeweiligen Sektor mit einem Sofortprogramm nachgesteuert werden. Allein dieses Klimaschutzgesetz halte ich für einen großen Erfolg. In Verbindung mit dem Kohleausstieg und neuem Schwung für Erneuerbare Energien bewerte ich das Klimaschutzpaket als positiv.
Zu Ihrer Frage:
Die Schweiz diskutiert derzeit intensiv, ob bei einem CO2-Preis von 90,- Euro eine ausreichende Lenkungswirkung erzielt wurde. Ich sage klar: Ein CO2-Preis in dieser Höhe würde eine große Belastung für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land darstellen, solange für breite Schichten der Bevölkerung keine echte Alternativen zum Umstieg auf einen gut ausgebauten ÖPNV oder günstige E-Mobilität oder gar wasserstoffgetriebene Fahrzeuge bereit stehen. Ich bin mir sicher: Nicht der Preis, sondern vielmehr die Verfügbarkeit von akzeptablen Alternativen entscheidet darüber, ob die Menschen ihr Verhalten ändern. Für mich als Sozialdemokrat ist klar: Erst wenn diese Alternativen bereitstehen, dürfen wir die Menschen über das Druckmittel Finanzen zum Umsteigen drängen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Carsten Träger