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Carsten Müller
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Frage von Andreas V. •

Frage an Carsten Müller von Andreas V. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Antwort zum Thema Elternunterhalt. Ich möchte Ihnen jedoch dazu folgende weitere Fragen stellen:

„§ 1601 BGB …einen Ausdruck des familiären Solidaritätsgedanken …“

Wussten Sie, dass dieser Paragraph aus dem Jahr 1900 stammt, als es weder eine Sozialversicherungspflicht noch einen Generationenvertrag gab?

„Einzeln vorkommende Fehlentscheidungen der Sozialhilfeträger werden darüber hinaus, wie Sie es zutreffend schildern, von den Gerichten korrigiert.“

Wussten Sie, dass in einer Fallstudie von Fraunhofer – Institute for Open Communication Systems http://www.fokus.fraunhofer.de/bereichsseiten/kompetenzzentrum/elan/ELAN-docs/GordonIRIS2005b.pdf 10 Sachbearbeitern zwei verschiedene Testfälle zur Bearbeitung gegeben wurden? Fall eins wurde von drei Sachbearbeitern entsprechend der Musterlösung erledigt, Fall 2 von keinem der Sachbearbeiter. Glauben Sie wirklich, dass es sich dabei um „einzeln vorkommende Fehlentscheidungen“ handelt?

„ …würde dies nicht nur zu einer erheblichen Belastung der Allgemeinheit führen …“

Da wohl niemand den Sinn unserer Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung anzweifelt, warum soll dann nicht auch das Risiko einer Pflegebedürftigkeit durch die Solidargemeinschaft getragen werden? Stellen Ihrer Ansicht nach 1,25 % der Ausgaben für Pflege (das waren im Jahr 2004 gleich 30 Mio Euro, das entspricht 58 Cent pro Pflichtversicherten in der Pflegeversicherung pro Jahr!) eine „erhebliche Belastung der Allgemeinheit“ dar?

Ich danke Ihnen schon jetzt für Ihre Antwort und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Andreas Vorgel

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Sehr geehrter Herr Vorgel,

vielen Dank für Ihre weiteren Fragen bezüglich des Elternunterhalts sowie der Pflegeversicherung.

Ihren Ausführungen kann ich so nicht zustimmen. Ihre Annahme, dass bei Einführung des § 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahr 1900 keine Sozialversicherungspflicht bestanden hätte, ist unzutreffend. Bereits im Jahr 1883 wurde durch den damaligen Reichskanzler Bismarck die gesetzliche Krankenversicherungen in Deutschland eingeführt, 1884 folgte die Unfallversicherungspflicht sowie im Jahr 1889 die Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ein „Generationenvertrag“, auch wenn nicht ausdrücklich so benannt, bestand bereits als Ausdruck des allgemein in unserer Kultur verwurzelten Gedankens, für seine Familie einzustehen. Dies schloss und schließt auch die moralische „Verpflichtung“ zum Elternunterhalt ein.

Das Risiko einer Pflegebedürftigkeit im Alter wird bereits zu einem großen Teil durch die Solidargemeinschaft getragen. Zum einen durch die 1995 eingeführte Pflegeversicherung, mit welcher der schon damals immer stärker abnehmenden Bereitschaft und Fähigkeit, Familienangehörige innerhalb der Familie zu versorgen, Rechnung getragen wurde. Zum anderen durch die Tatsache, dass bei unzureichenden Eigenmitteln des Pflegebedürftigen die Inanspruchnahme der Sozialhilfekassen erfolgt. Diese Inanspruchnahme ist auf mehr als ein Drittel der gesamten Sozialhilfeausgaben in den 1990er Jahren gestiegen. Die Einführung der Pflegeversicherung hat somit bereits zu einer Entlastung sowohl der Privatmittel der Pflegebedürftigen als auch der öffentlichen Haushalte geführt.

In Anbetracht der Tatsache, dass zum einen die umlagefinanzierte Pflegeversicherung in Deutschland existiert (Einnahmen 2004: 16817 Mio. Euro, Statistisches Bundesamt) und es zum anderen aus arbeitsmarktpolitischen und konjunkturellen Gründen erforderlich ist, die Lohnnebenkosten, die zu einem großen Teil aus Sozialversicherungsabgaben bestehen, nicht weiter zu steigern, sondern vielmehr zu senken, halte ich Ihre Ansicht für so nicht ohne weiteres vertretbar.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch abschließend darauf hinweisen, dass derzeit bereits ein Eckpunktekonzept für eine zukunftsfähige Reform der Pflegeversicherung entwickelt wird.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Carsten Müller MdB

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