Frage an Carsten Müller von Adolf V. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Müller,
in zunehmendem Maße werden Kinder mit Unterhaltszahlungen für ihre pflegebedürftigen Eltern in Pflegeheimen belastet, deren Renten zusammen mit den Leistungen der Pflegekassen selten ausreichen, um die hohen Heimkosten zu decken.
Die "Eintreibung" des Elternunterhalts durch die Sozialhilfeträger führt zu sehr viel Ungerechtigkeit. Es verwundert insofern nicht, dass viele Unterhaltsberechnungen falsch sind und vom Familiengericht korrigiert werden.
Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Rechtslage zum Elternunterhalt sehr unklar ist. Vielmehr unterliegen sie dem Zwang, für ihre Dienstherren möglichst hohe Einnahmen aus dem Elternunterhalt zu erzielen.
Trotz des hohen Verwaltungsaufwands nahmen die Sozialhilfeträger laut Sozialhilfestatistik des Stat. Bundesamts im Jahre 2004 nur etwa 1,25% ihrer Ausgaben über den Elternunterhalt ein. Letztlich finanzieren die Elternunterhaltspflichtigen allenfalls den Verwaltungsaufwand, es kommt aber kein Cent tatsächlich bei den pflegebedürftigen Eltern an.
Warum kommt die Allgemeinheit nur für die Pflegekosten von bedürftigen Kinderlosen und von Eltern auf, die wegen eigener Verfehlungen keinen Unterhalt von ihren Kindern fordern können?
Warum bestraft man gute Eltern, die leistungsfähige Kinder für die Gesellschaft herangezogen haben, mit der Unterhaltspflicht ihrer Kinder?
Ist das familienfreundlich?
Motiviert das zu Leistung?
Wie ist Ihre Meinung hierzu?
Sehr geehrter Herr Voltmer,
vielen Dank für Ihre Zuschrift worin Sie die derzeitige Ausgestaltung hinsichtlich des Elternunterhaltes kritisieren.
Dass Kinder grundsätzlich auch ihren Eltern im Falle der Bedürftigkeit dieser zum Unterhalt verpflichtet sind, ist ein Grundsatz des Familienrechts, der in § 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt ist und einen Ausdruck des familiären Solidaritätsgedankens darstellt. Begrüßenswerterweise ist ein solcher Solidaritätsgedanke auch heute grundsätzlich bei jeder Familie vorhanden.
Die Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern ist keine Strafe für ihre leistungsfähigen Kinder, sondern grundsätzlich vielmehr eine moralische Verpflichtung gegenüber ihren Verwandten in direkter Linie. Dies ist ein unbestreitbares gesellschaftliches Anliegen und wurde deshalb auch vom Gesetzgeber u.a. durch oben benannten Paragraphen umgesetzt.
Mit Ihren Ausführungen treten Sie für einen Staat ein, der das Subsidiaritätsprinzip - das also die Allgemeinheit nur einzustehen hat, wenn eine andere Lösung unmöglich ist – nicht ausreichend berücksichtigt. Würde man Ihrer Forderung nachkommen, würde dies nicht nur zu einer erheblichen Belastung der Allgemeinheit, sondern meiner Ansicht nach auch zu einem Verlust moralischer Verantwortung gegenüber der eigenen Familie führen. Darüber hinaus profitieren Kinder in vielen Fällen von ihren Eltern, so dass auch vor diesem Hintergrund der Solidaritätsgedanke durchaus eine Rolle spielen sollte. Zudem leisten Kinderlose beispielsweise auch in Anbetracht einer späteren Pflege einen erhöhten Beitrag zur Pflegeversicherung.
Laut der von Ihnen angeführten Sozialhilfestatistik wurden im Jahr 2004 lediglich 1,25 Prozent der Ausgaben für die Pflege im Wege des Elternunterhaltes generiert. Insofern scheint sich der Umfang des geforderten Unterhalts grundsätzlich auf eher niedrigem Niveau zu bewegen. Einzeln vorkommende Fehlentscheidungen der Sozialhilfeträger werden darüber hinaus, wie Sie es zutreffend schildern, von den Gerichten korrigiert. Insofern lassen sich Ihre Befürchtungen vor zunehmenden und überbordenden Forderungen im Rahmen des Elternunterhalts relativieren. Nichts desto trotz stimme ich mit Ihnen überein, dass ein weiterer Bürokratieabbau, und zwar nicht nur in dem von Ihnen angesprochenen Bereich, unbedingt notwendig ist.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Müller MdB