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Carsten Müller
CDU
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Frage von Heinz Dieter B. •

Frage an Carsten Müller von Heinz Dieter B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Müller,

Ihr Fraktionskollege Stephan Stracke diffamierte im Plenarsaal alle ALG2 Empfänger als faule Grippl. Laut Bayerischem Rundfunk ist es ein Krüppel. Ist dies ein üblicher Ausdruck für arbeitslose Menschen in der CDU/CSU Fraktion? Sind Sie persönlich auch der Meinung daß alle Arbeitslosen faule Krüppel sind? Wo bleibt Ihr Protest bei dieser unerträglichen Hetze gegen Minderheiten? Sind wir in Deutschland wieder soweit einen Teil der Bevölkerung auszugrenzen?

Als Braunschweiger Bürger hoffe ich, daß Sie, wie ich, klare Worte gegen diese widerliche und unentschuldbare Hetze finden.

Mit freundlichen Grüßen

Heinz Dieter Büscher

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Büscher,

vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de zu der „Grippl“-Aussage meines bayerischen Fraktionskollegen Stephan Stracke im Plenum des Deutschen Bundestages.

Grundsätzlich erachte ich Diffamierungen in der Politik als sehr problematisch. Politik lebt von der freien, offenen Diskussion. Bei aller Intensität und den einhergehenden Emotionen muss der Gedankenaustausch immer auf einer sachlichen Ebene verbleiben. Persönliche Verunglimpfungen schaffen nur neue Probleme statt bestehende zu lösen. Von daher stimme ich mit Ihnen überein, dass man sich seinen Ausführungen und der Wortwahl sehr bewusst sein muss, um spätere Fehlinterpretationen möglichst zu vermeiden. Leider gelingt das nicht immer.

Im Zuge der Beratungen des Haushaltes des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales am 11. September 2014 sprach der CSU-Kollege Stephan Stracke in seiner Plenarrede von der Bedeutung der Ausbildung für junge Menschen. Er ging dabei auf die Eigenverantwortung des Einzelnen ein. In diesem Kontext verwandte er das von Ihnen angesprochene „Grippl“. Ich teile jedoch nicht Ihre Interpretation, dass er damit alle Erwerblosen als faule Grippl bezeichnete. Im Detail führte er in seiner Plenarrede dazu aus: „… Deswegen sind Ausbildungsplätze so wichtig. Neben der Eigenverantwortlichkeit bedarf es natürlich auch des Engagements jedes Einzelnen. Es nutzt nichts, noch so viele Hilfesysteme zu implementieren, wenn man halt ein fauler Grippl ist und einfach nicht arbeiten will. Um Jugendliche auf den richtigen Weg zu führen, muss man vielmehr entsprechend ertüchtigen und notfalls die notwendigen Sanktionen verhängen.“ Anhand dieser Passage würde ich nicht schließen, dass der Kollege jeden Arbeitslosen diffamiert. Nach meiner Einschätzung bezieht er sich ausschließlich auf die Jugendlichen, die sich einer Ausbildung verweigern.

Die Verunglimpfung aller Erwerbslosen und die anschließende Skandalisierung geht auf die Vorwürfe der Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping zurück. In ihrer auf Stephan Stracke folgenden Plenarrede sprach sie davon, dass Kollege Stracke „… in Bezug auf Erwerbslose den Begriff ‚faule Krüppel‘ verwendet [hat]“. Diese Einschätzung teile ich ausdrücklich nicht. Den Gesamtzusammenhang und die komplette Rede können Sie im Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages nachlesen (http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18051.pdf). Die Rede von Stephan Stracke finden Sie ab Seite 4713 und die Ausführungen von Frau Kipping schließen sich daran an.

Meines Erachtens weist die Diskussion um die „Grippl“-Aussage auf eine Unart der Politik hin: Ganz gezielt werden Kontroversen eröffnet, die mit einer sehr, sehr offenen Interpretation - oder sogar bewussten Fehlinterpretation - einer Aussage provozieren und mit dem ursprünglichen Thema häufig nur wenig im Zusammenhang steht. Dazu zähle ich auch den Versuch, mit einer Frage eine zwielichtige Antwort des politischen Gegners zu erzielen und so Aussagen zu skandalisieren oder Menschen zu diskreditieren. Diese Mittel halte ich für wenig sachdienlich. Sie schaden den ursprünglichen Anliegen, schaden der Politik und schaden am Ende auch den Menschen, für die die Politik gestaltet werden soll.

Abschließend stelle ich noch einmal fest, dass die Empfänger von Arbeitslosenleistungen vom Kollegen Stracke in seiner zitierten Rede meines Erachtens nicht beleidigt wurden. Mir persönlich liegt eine jegliche Diffamierung von Erwerbslosen völlig fern. Ich bin fest davon überzeugt, dass es wichtiger ist, gemeinsam mit den Menschen in einer Notlage nach Lösungen zu suchen. Die Solidargemeinschaft hilft, bei der Erreichung des Ziels: Das Ende der Notlage und die Möglichkeit eines selbstbestimmten und unabhängigen Alltags.

Sehr geehrter Herr Büscher, ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Carsten Müller

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