Wie will die CDU sicherstellen, dass Merz' Ausbürgerungspläne nicht willkürlich angewendet werden? Was passiert, wenn eine Regierung wie die AfD die Kriterien verschärft?
Sehr geehrter Herr/Brodesser
als eingebürgerter deutscher Staatsbürger mit türkischen Wurzeln beunruhigen mich die Aussagen von Herrn Friedrich Merz zur Möglichkeit der Ausbürgerung (Interview mit der WAMS)
Wie will die CDU sicherstellen, dass solche Maßnahmen nicht willkürlich oder politisch motiviert angewendet werden? Was bedeutet "Aberkennung" konkret? Welche Kriterien wären aus Ihrer Sicht maßgeblich? Und wie könnten zukünftige Regierungen, z. B. unter der AfD, daran gehindert werden, diese Kriterien zu verschärfen?
Solche Vorschläge lassen eingebürgerte Menschen wie mich befürchten, als Bürger zweiter Klasse behandelt zu werden. Warum berücksichtigt die CDU diesen Aspekt nicht stärker?
Beste Grüße aus Wipperfürth
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch. Gerne können Sie sich in Zukunft direkt unter: carsten.brodesser@bundestag.de an mich wenden.
Sie sprechen mich auf das Interview von Friedrich Merz in der „Welt am Sonntag“ an, in dem auch über das Staatsangehörigkeitsrecht gesprochen wurde. In diesem Interview äußerte er auch im Hinblick auf die doppelte Staatsbürgerschaft nach dem neuen Gesetz der Ampelregierung, dass auch darüber nachgedacht werden sollte, eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft bei Doppelstaatlern zu ermöglichen, wenn klar wird, dass bei schwer straffällig gewordenen Personen ein Fehler gemacht wurde und diese eben nicht integriert sind.
Worum geht es der Union hierbei konkret? Es geht uns um das im letzten Jahr in Kraft getretene Gesetz der Ampelregierung, das die Einbürgerung aus unserer Sicht zu schnell ermöglicht. Für uns ist die Einbürgerung das Ergebnis einer gelungenen Integration und Identifikation mit Deutschland. Das Staatsbürgerschaftsgesetz der Ampel zieht allerdings das Ergebnis an den Anfang des Prozesses. Das halten wir für falsch. Auch die allgemeine Möglichkeit zur doppelten Staatsbürgerschaft sehen wir kritisch. In Ausnahmefällen ist dies ok, sollte aber nicht die Regel sein.
Beim Entzug der Staatsbürgerschaft sieht unser Grundgesetz aufgrund unserer Geschichte zurecht ganz klare Regelungen vor. In Artikel 16 des Grundgesetzes steht deshalb:
„Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.“
Ein Entzug wäre also jetzt schon möglich, wenn eine Person ein Doppelstaatler ist und (!) beispielsweise an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung beteiligt ist. In diesem Zusammenhang wollen wir konsequenter sein und das Unterstützen von Terrororganisationen konsequenter unter Strafe stellen. Die Folge wäre dann bei Doppelstaatlern der Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft. Es geht klar nicht darum, deutsche Bürger in unterschiedliche Klassen einzuteilen oder ihnen die Zugehörigkeit abzusprechen. In unserem Land leben sehr viele gut integrierte Deutsche mit unterschiedlichen Wurzeln, die ein essenzieller Teil dieses Landes sind. Ich hoffe, dass Sie die Aussagen nun besser einschätzen können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Brodesser