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Carola Ensslen
DIE LINKE
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Frage von Anja T. •

Frage an Carola Ensslen von Anja T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Ensslen,

auf der Tourismus-Homepage der Stadt Hamburg wird so die Herbertstraße beschrieben:
„Vor neugierigen Blicken geschützt, gibt es hier käufliche Liebe. Der Zutritt ist nur für Männer über 18 Jahren erlaubt: Die berühmt-berüchtigte Herbertstraße in Hamburg.
Die etwa 60 Meter lange Gasse, die vor den Blicken Neugieriger durch Tore geschützt wird, gehört zum alten Mythos St. Pauli. Hier gibt es die käufliche Liebe seit dem 19. Jahrhundert. Und nur Männern über 18 Jahren wird Zutritt gewährt. Frauen sollten es erst gar nicht wagen, dort hinein zu wollen - sie erwarten Beschimpfungen, faule Eier, kalte Duschen oder mit Urin gefüllte Eimer.“
https://www.hamburg-tourism.de/sehen-erleben/sehenswuerdigkeiten/herbertstrasse/
Halten Sie diese Werbung für angebracht und zeitgemäß?
Können sie mir sagen, wodurch es legitimiert ist, dass eine Straße der Stadt Hamburg ein jugendgefährdender Ort ist von dem auch Frauen ausgeschlossen sind?
Wurden die Tore und Beschilderungen, die „vor neugierigen Blicken schützten“, von der Stadt angebracht? Zum Schutz der Sexarbeiterinnen? Wenn ja, warum nur dort?
Im Wahlprogramm der Linken heißt es:
„…DIE LINKE versteht sich als Partei mit sozialistischem und feministischem Anspruch… Alle politischen Entscheidungen und Vorschläge müssen systematisch danach beurteilt werden, welche Auswirkungen sie auf Frauen und auf Männer haben…“
Gibt es außer der Herbertstraße weitere Straßen, die nicht an einer Stadtentwicklung, im Sinne ihres Wahlprogramms, teilhaben?
Wie stehen Sie zu den bisherigen Protesten von Anwohner*innen und Feminist*innen?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antworten
Anja Twest

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau T.,

die Art und Weise, wie für die Herbertstraße geworben wird, halte ich für klischeebehaftet und überkommen. Hier wird die Vermarktung der Straße in den Vordergrund gestellt. Das empfinde ich als abstoßend und frauendiskriminierend.

Das Durchgangsverbot ist ein Relikt aus der NS-Zeit. Die Schilder wurden von der Stadt in den 70-iger Jahren zum Schutz der öffentlichen Ordnung angebracht - auch auf Wunsch der Sexarbeiter*innen. Eine solche Absperrung ist in der Stadt einmalig und auch rechtlich schwer haltbar, da es sich um einen öffentlichen Ort handelt.

Wir sprechen uns aber dennoch nicht für eine Entfernung der Absperrung aus, da sie auch dem Schutz und Bedürfnis der Sexarbeiter*innen entspricht. Sie befürworten das Durchgangsverbot. Der Tourismus ist letztlich auch eine Einnahmequelle für sie. Ob vor diesem Hintergrund die Femen-Protestaktion vor knapp einem Jahr, das richtige Mittel war, bezweifle ich.

Dagegen halten wir die polizeiliche Argumentation, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewahrt werden müsse, für nicht stichhaltig. Warum dort und anderswo nicht! Deswegen kritisieren wir auch andere Maßnahmen wie die Kontaktverbotsordnung in St. Georg. Sexarbeiter*innen werden dadurch kriminalisiert. Ihre Arbeitsbedingungen werden noch prekärer und tendenziell gefährlicher (Erschwerung der Bekämpfung von Menschenhandel), wenn man sie aus der Öffentlichkeit verdrängt.

Freundliche Grüße,
Carola Ensslen

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