Frage an Carola Ensslen von Barbara C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Frau Ensslen,
es ist ja schon spät diese Fragen zu stellen. Mich interessiert die Lokalpolitik wenig. Mich interessieren eher Fragen wie: Wie helfen wir Griechenland? Warum respektiert unsere Regierung nicht das Wahlergebnis der Griechen und tut gerade so, als sei dieses Land das neue Bundesland der Bundesrepublik?
Was tun, um die EU Krise zu bekämpfen? Sparen? Oder doch eher nach Keynes arbeiten?
Was tun gegen die Islamisten? Welches Konzept gibt es in dieser Stadt?
So lange ich keine befriedigenden Antworten auf diese drängenden Frage habe, werde ich gar nicht wählen.
Beste Grüße, B. C.
Liebe Frau C.,
das sind sehr berechtigte Fragen.
1. Zu Griechenland:
Es wird sicher ein Schuldenschnitt notwendig sein, um Griechenland zu helfen. Jeder weiß, dass Griechenland seine derzeitige Schuldenlast ohne einen neuen Vertrag niemals wird tragen können.
Der griechische Finanzminister Varoufakis schlägt folgendes vor:
Er hat gemeinsam mit zwei Ökonomen einen 4-Punkte-Plan zur Neuordnung der Währungsunion entwickelt. Danach soll etwa der Rettungsschirm ESM künftig direkte Anteile an maroden Banken erwerben können, wenn er deren Eigenkapital aufstockt. Die EZB und die nationalen Notenbanken sollen Verbindlichkeiten von Staaten direkt übernehmen können und Anleihen ausgeben, damit Investitionsprogramme finanziert werden können. Außerdem sollte es in der Eurozone ein Sozialprogramm geben. Des Geld dafür sollen die nationalen Notenbanken bereitstellen.
Über die ökonomischen Details wird man sicher streiten können und müssen, aber die Richtung scheint mir richtig zu sein. Sparen wäre zurzeit nicht die richtige Antwort, weil damit der Schrumpfungsprozess in den verschuldeten Staaten weitergehen würde. Wichtige Bausteine einer Verbesserung der Konjunktur sind Arbeitsplätze und Konsum. Also Keynes.
Die Frage zum Verhalten unserer Regierung ist ja fast eher rhetorisch. Die Bundesregierung versteht sich als dominierende Kraft in Europa, hält ihre Rezepte für die richtigen und will sie eben anderen aufdrücken. Das hängt ja auch mit einem ökonomischen Grundverständnis zusammen - und der Großteil der deutschen Ökonomen denkt leider so.
2. Islamisten:
Die Problematik ist sehr vielfältig. So haben wir es mit jungen Leuten zu tun, die radikalisiert werden und für den IS in den Kampf ziehen. Hier ist Aufklärung an den Schulen sowie Fortbildung der LehrerInnen notwendig und es ist darauf zu achten, dass Jugendliche nicht in die Isolation geraten. Es ist wichtig, dass Schule und soziales Umfeld darauf achten. Für gefährdete Jugendliche und Angehörige muss es Anlaufstellen geben.
Ein weiteres Problem sind radikalisierte Islamisten in unserer Stadt. Dieser Personenkreis wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Bislang ist es ja hier zum Glück auch nicht zu Anschlägen gekommen. Es bleibt zu hoffen, dass Verfassungsschutz und Polizei dies auch in Zukunft verhindern können.
Und schließlich gilt auch hier, vorbeugend gegen eine Radikalisierung vorzugehen. Soziale Spaltung und Ausgrenzung, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus sind Nährboden für die Radikalisierung. Wachsende Ungleichheit und Ungerechtigkeit und die damit einhergehende Perspektivlosigkeit vieler Menschen können Gewalt begünstigen (was diese nicht entschuldigt). Diese drängenden Probleme in Hamburg müssen angegangen werden. DIE LINKE versteht sich diesbezüglich als Mahnerin und soziales Korrektiv gegenüber der SPD-Regierung.
Es ist nicht leicht, diese grundlegenden Fragen per Mail zu beantworten. Ich hoffe, ich konnte Ihnen zumindest eine Vorstellung davon vermitteln, wie ich zu diesen Themen stehe.
Freundliche Grüße
Carola Ensslen