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Carmen Wegge
SPD
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Frage von Jochen T. •

Warum kann ein Bürger sich nicht effektiv gegen Gewalt von Seitens der Polizei wehren, wieso gibt es keine "Unabhängige" Aufsichtsbehörde die das dann auch wirklich ahnden würde?

Ich habe leider mehrfach erlebt wie selbst extreme Polizeigewalt nicht rechtlich verfolgt wird, so bei Klimademos und auch bei normalen Kontrollen, das schürt Hass der Bürger. Wo doch die Polizei die Bürger schützen soll. Das klingt jetzt hart, aber warum gibt es nur in der Theorie Mittel sowas zu ahnden? Warum ist die Polizei sowas wie eine Outlaw Organisation, gibt es zu wenig Polizisten und die werden deswegen immer geschützt?
Man muss reel Angst vor denen haben, ist sowas gewollt? Warum gibt es keine effektive Strafe für Polizisten welche die Dienstvorschriften verletzen?
Das Problem wird schon länger verschwiegen, darum frage ich nun öffentlich. Beachten sie auch Kommentare der Videos! DAB und Anzeige läuft meistens leer.
https://www.youtube.com/results?search_query=polizeigewalt+rise+up+brandenburger+Tor
https://www.youtube.com/watch?v=BkE0NHAvnDU
https://www.youtube.com/shorts/9uVIM3ufB14
https://www.youtube.com/watch?v=jk9XNaeT2VY
https://www.youtube.com/watch?v=xn2NJ1eN6sg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr T.,

herzlichen Dank für Ihre Frage zum Thema Polizeigewalt. Gerne möchte ich Ihnen erläutern, was wir tun, um Polizeigewalt präventiv entgegenzuwirken und welche Möglichkeiten wir schaffen, um unabhängige Anlaufstellen für betroffene Bürger*innen bereitzustellen. Ich mache das am Beispiel der Bundespolizei, für deren Rechtsgrundlage ich als Bundestagsabgeordnete zuständig bin. Ich möchte aber auch erwähnen, dass die Polizeien in Deutschland grundsätzlich Ländersache sind und die Rechtsgrundlagen in jedem Bundesland etwas unterschiedlich sind.

Als Innenpolitikerin setze ich mich für gute Arbeitsbedingungen für unsere Polizist*innen ein. Denn somit können wir vorbeugen, dass es gar nicht erst zu einer übermäßigen Gewaltanwendung durch Beamt*innen kommt. Denn gestresste, überarbeitete und viele Überstunden leistende Polizist*innen reagieren in unübersichtlichen Situationen selbstverständlich anders als ausgeruhte und fitte Kolleg*innen. Dieser Beruf ist sehr herausfordernd und belastend. Deshalb müssen wir die Polizei personell gut aufstellen, damit sie ihre Aufgaben gut und regelkonform erfüllen kann. So haben wir beispielsweise erst kürzlich 1.000 neue Stellen für die Bundespolizei beschlossen.

Zusätzlich ist mir wichtig, dass wir eine moderne und sensible Aus-, Fort- und Weiterbildung für unsere Polizei haben. Schwierige Themen wie der Umgang mit Rassismus, Racial Profiling, Sexismus oder Rechtsextremismus müssen darin fester Bestandteil sein. Nur so erreichen wir eine bürgernahe und diverse Polizeiarbeit. Dazu gehört selbstverständlich auch der Umgang mit Gewalt und die Grenzen des staatlichen Gewaltmonopols. Zudem halte ich das Angebot von Supervision im Polizeiberuf als Instrument zur professionellen Selbstreflexion für sehr wichtig.

Um eine unabhängige Anlaufstelle zu schaffen, haben wir uns im Koalitionsvertrag auf die Einrichtung eines unabhängigen Polizeibeauftragten bzw. einer unabhängigen Polizeibeauftragten für die Polizeien des Bundes als Anlaufstelle beim Deutschen Bundestag mit Akteneinsichts- und Zutrittsrechten verständigt. Die Gesetzesgrundlage für diese neue Stelle werden wir noch in diesem Jahr schaffen. Diese neue Institution trägt dazu bei, strukturelle Mängel und Fehlentwicklungen zu erkennen und ihnen vorzubeugen, indem sie Fehler und Fehlverhalten in Einzelfällen, die auf eine Verletzung von Rechtsstaatlichkeit, insbesondere von Grundrechten und der Diskriminierungsfreiheit, schließen lassen, untersucht. Jede Person soll dem Bundespolizeibeauftragten Hinweise auf strukturelle Mängel, Fehlentwicklungen, Fehler oder Fehlverhalten geben können.

Außerdem werden wir im Herbst im Bundestag ein neues Bundespolizeigesetz beschließen, das eine moderne Rechtsgrundlage schaffen wird. Ein neues Element in diesem Gesetz wird u.a. die sogenannte Kennzeichnungspflicht sein, mit der alle Bundespolizist*innen künftig eine pseudonyme Kennzeichnung tragen werden. Bei vermeidlichem Fehlverhalten können Bürger*innen so zielgerichteter eine Beschwerde einreichen.

Mir ist es wichtig zu betonen, dass der Einsatz der Polizei häufig eine Ausnahmesituation für alle Beteiligten – also Polizist*innen und Bürger*innen – ist. Dabei kann es zu Konflikten kommen. Wir müssen unsere Polizist*innen vor Übergriffen schützen und sie gleichzeitig für einen deeskalativen Einsatz vorbereiten. Im Nachgang von Gewaltanwendung müssen die Rechte aller Beteiligten gewahrt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Carmen Wegge

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