Frage an Carl-Ludwig Thiele von Wolfgang M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Hr. Thiele,
die FDP hat ihr Bundestagswahlprogramm vorgestellt. Darin steht, dass die FDP die Steuerklasse 5 abschaffen will. Das Pärchen Steuerklasse 3 und 5 ist eigentlich eine der segensreichsten Möglichkeiten des Steuergesetzes. Es ermöglicht, dass der Bürger nicht so viel Steuer vorauszahlen muss. Seit ich verheiratet bin, nutze ich bewusst diese Steuerklassen. Ich nehme an, Sie nutzen Sie auch. Bei der Jahresabrechnung gibt es sowieso keine Steuerklassen mehr. Wenn einem Ehepaar die Steuerklassen 3 und 5 nicht gefallen, können beide die Steuerklasse 4 wählen.. Warum will die FDP diese Auswahl abschaffen? Eine liberale Partei müsste soviel Freiheit wie möglich zulassen. Die Steuerklasse 3 und 5 ermöglicht, übers Jahr Steuern zu sparen. Warum will die Steuersparpartei FDP jetzt das genaue Gegenteil? Vielleicht steckt mehr hinter dem Schlagwort "Abschaffung der Steuerklasse 5". Warum erklärt die FDP das Konzept dann nicht vollständig?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Mücke
Vechelde, ohne eigenen FDP-Wahlkreiskandidaten
Sehr geehrter Herr Dr. Mücke,
herzlichen Dank für Ihre Frage zur Steuerklasse V.
Zunächst eine Vorbemerkung: Das Bundestagswahlprogramm der FDP wurde noch nicht beschlossen - dies soll erst auf dem nächsten FDP-Bundesparteitag Mitte Mai geschehen. In der Tat findet sich die von Ihnen genannte Forderung nach Abschaffung der Steuerklasse V jedoch in dem Entwurf des Deutschlandprogramms 2009 und war zuvor auch schon Inhalt mehrerer Anträge der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag.
Die Gründe für diese Forderung möchte ich Ihnen gern darlegen: Die Steuerklasse V vermindert innerhalb des Systems des Ehegattensplittings die Arbeitsanreize für den Zweitverdiener, und zwar umso mehr, je weiter die Einkommen der Ehepartner auseinander liegen. Aus diesem Grund wird die Steuerklasse V häufig als Hindernis für eine Berufstätigkeit empfunden. Die relativ hohe Steuerbelastung, die zwar im Rahmen der Veranlagung ausgeglichen wird, findet eine nur geringe Akzeptanz bei den Betroffenen.
Hinzu kommt außerdem, dass die Einstufung in die Steuerklasse V die Ansprüche auf Arbeitslosengeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld sowie Elterngeld mindert. Als Folge davon wird geraten, rechtzeitig die Steuerklasse zu wechseln, um höhere Leistungen beanspruchen zu können. Die rein steuertechnisch begründete Einstufung in Steuerklassen entscheidet so mit über die Höhe der genannten Leistungen. Das ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel.
Die FDP-Bundestagsfraktion ist der Ansicht, dass das heutige System der Besteuerung nach Lohnsteuerklassen im Rahmen einer grundlegenden Steuerreform insgesamt überarbeitet werden muss. Doch auch innerhalb des geltenden Einkommensteuerrechts ist die Aufteilung der Lohnsteuer schon ohne die Steuerklasse V möglich. Aus diesen Gründen machen wir uns für die Abschaffung der Steuerklasse V stark. Stattdessen sollte ein Anteilsverfahren eingeführt werden, nach dem das Finanzamt den voraussichtlichen Durchschnittssteuersatz der Ehegatten ermittelt. Dieser kann im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt werden.
In der Hoffnung, Ihnen weitergeholfen zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr Carl-Ludwig Thiele