Frage an Carl-Ludwig Thiele von Helmut L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Thiele,
nach dem Entwurf des Erbschaftssteuerreformgesetzes sind Stiefkinder in Steuerklasse I eingeordnet und leiblichen Kindern und Adoptivkindern gleichgestellt. Sie erhalten wie diese einen Freibetrag i.H. von 400.000,-€ und unterliegen darüber hinaus einem Steuersatz i.H.v lediglich 7%.
Geschwister, die oft ein Leben gemeinsam verbracht haben, sich persönlich oft näher stehen und sich im tatsächlichen Leben häufig gerade auch im Alter gegenseitig die notwendige Unterstützung gewähren,, erhalten wie beliebige fremde Dritte dagegen nur einen Freibetrag i.H.von 20.000,-€ und unterliegen darüberhinaus einem Steuersatz i.H. v. 30%.
Teilen Sie die Auffassung, dass die bevorzugte Besteuerung von Stiefkindern gegenüber Geschwistern nicht gerechtfertigt ist und Geschwister zumindest nicht schlechter als Stiefkinder besteuert werden dürften?
Teilen Sie die Auffassung, dass eine Angleichung der Besteuerung von Stiefkindern und Geschwistern ohne Belastung des Gesamtaufkommens durch eine Absenkung der Freibeträge (Anhebung der Steuersätze) für Stiefkinder und eine Anhebung der Freibeträge (Absenkung der Steuersätze) für Geschwister herbeigeführt werden könnte?
Mit freundlichen Grüßen
H.Ley
Sehr geehrter Herr Ley,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 30. November 2008 zur Reform der Erbschaftsteuer.
Stiefkinder unterfallen, wie Sie zutreffend schreiben, wie bisher ebenso wie leibliche Kinder im Erbfall der Steuerklasse I. Geschwister hingegen werden im neuen Erbschaftsteuerrecht wie völlig Fremde behandelt. Auch aus meiner Sicht ist dies absolut ungerecht, denn Geschwister gehören nach meiner Auffassung als nahe Verwandte selbstverständlich zur Familie. Die Erhöhung des Eingangssteuersatzes von bisher 12% um das zweieinhalbfache auf 30% in der Steuerklassen II sowie von 17% um fast das Doppelte auf 30% in der Steuerklasse III empfinde ich in diesem Zusammenhang als Teilenteignung.
Der Entscheidung, Geschwister wie Fremde zu behandeln, liegt ein unhaltbares Familienbild zugrunde. Von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück stammt in diesem Zusammenhang den Begriff der „Kernfamilie“, zu der Geschwister scheinbar nicht zählen sollen.
Ich empfehle Ihnen dazu die Lektüre der sehr spannenden Bundestagsdebatte zur Erbschaftsteuer, in deren Verlauf genau diese Problematik diskutiert wurde (Seite 20459). Sie finden die Debatte im Wortlaut auf meiner Internetseite www.carl-ludwig-thiele.de
Zu Ihrer abschließenden Frage: Nach meiner Auffassung helfen kleine Verbesserungen im Detail hier nicht weiter, da das gesamte Konzept der Reform grundfalsch ist. Für die FDP werde ich mich auch weiterhin dafür einsetzen, dass diese Reform so schnell wie möglich rückgängig gemacht wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Carl-Ludwig Thiele