Frage an Carl-Ludwig Thiele von Walter H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Thiele,
sind Sie für oder gegen den weiteren Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan?
Mit freundlichen Grüßen
Walter Habich
Sehr geehrter Herr Habich,
haben Sie Dank für Ihre Frage zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan.
Militäreinsätze können für mich immer nur die „ultima ratio“ sein. Es darf aus meiner Sicht deshalb auch keinen Automatismus für deren Fortsetzung geben.
Die FDP-Bundestagsfraktion stellt jedes einzelne Mandat sehr genau auf den Prüfstand. Nur dort, wo ein militärisches Engagement die letzte Möglichkeit ist, kommt für uns eine Zustimmung in Betracht.
Mit dem Einsatz in Afghanistan verfolgen wir zum einen eigene Sicherheitsinteressen. Zum anderen engagieren wir uns aber auch auf den ausdrücklichen Wunsch der afghanischen Regierung in ihrem Land. Ziel des Einsatzes im militärischen und polizeilichen Bereich ist es, Sicherheit zu gewährleisten, damit der Aufbau vorankommt und das Land und seine Menschen wieder eine Zukunftsperspektive haben. Denn würde man heute Afghanistan wieder sich selbst überlassen, so würden innerhalb kürzester Zeit wieder jene Kräfte in Afghanistan die Macht an sich reißen, die schon in der Vergangenheit das Land terrorisiert haben und jenen Kräften eine Heimstatt boten, die den Terror auch in die übrige Welt getragen haben.
Die afghanischen Staatsorgane sollen in die Lage versetzt werden, den Aufbau des Landes in eigener Verantwortung durchzuführen und gegen gewaltbereite Kräfte abzusichern – und zwar unter Wahrung eines Minimums an menschenrechtlichen Standards, die wir sicherlich gemeinsam als universell und unteilbar betrachten.
Der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr muss im Zusammenwirken mit den zivilen Anstrengungen betrachtet werden. Nur wenn Entwicklung und Sicherheit ineinandergreifen, können bleibende Erfolge erzielt werden. Das Hauptziel ist der Aufbau von eigenständigen, selbsttragenden Sicherheitsstrukturen. Dieser Aufbau kann nur im Zusammenwirken mit Fortschritten bei der Regierungsführung und bei der wirtschaftlichen Entwicklung zum Erfolg führen.
Ich bedauere, dass in der öffentlichen Diskussion der Aufbau der Zivilverwaltung in Afghanistan in unserer nationalen fast keinen Niederschlag findet. An dieser Stelle muss ich ebenso die Bundesregierung kritisieren; zum einen für ihre Informationspolitik, zum anderen dafür, dass sie nicht genügend Hilfe für den zivilen Aufbau Afghanistans zur Verfügung stellt.
Es ist politisch inakzeptabel, die Bundeswehr langfristig in Afghanistan zu stationieren. Vielmehr muss nach dem Aufbau der grundlegenden Sicherheitsstrukturen der zivile Aufbau im Vordergrund stehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Carl-Ludwig Thiele
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