Frage an Carl Kau von Christine Dr. M. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Kau!
In Ihrem CDU Parteiprogramm auf Seite 41 schreiben Sie von der Bereitstellung von attraktivem Bauland. Dagegen ist generell natürlich überhaupt nichts zu sagen, wenn man nicht das "besondere Baurecht" dazu benutzen will.
Wenn die Stadt Bauland mit diesem beschaffen will, d.h. enteignen, dann muß sie viele Voraussetzungen erfüllen:
Natürlich muß man einen dringenden Bedarf belegen. Eine solche Bedarfsberechnung erstreckt sich bei dafür spezialisierten Firmen auf 20 - 30 Seiten - Bremen braucht nur eine gute 1/4 (!) DIN A 4 Seite......Auf dieser wird aber nur die gewünschte Zahl von Bürgern/Steuerzahlern genannt, nicht Landbedarf!
U.a. müssen außerdem vorher (!) Kaufverhandlungen mit den Landeignern geführt werden. Nicht so in Bremen!!...
Die Eigner wurden Ende 1997 lediglich über die Pläne in einem einzigen Informationsgespräch in Kenntnis gesetzt. An dessen Ende stand lapidar die Frage: Wollen Sie eine Entwicklungssatzung oder einen städtebaulichen Vertrag? Könnten Sie diese Frage - völlig unvorbereitet, juristisch unversiert - beantworten? Meine Mutter - inzwischen 78 (!) Jahre alt - auch nicht! Über Preise konnte gar nicht verhandelt werden, da diese erst ein Jahr später festgesetzt wurden. 3 Monate später war die sog. Entwicklunssatzung, d.h. Enteignungsvoraussetzung schon Gesetz.
Damit haben wir alle Rechte an unserem Land verloren, außer weiter dafür Steuern zu zahlen und teure juristische Schritte gegen den völlig unsinnigen Verlust unserer Höfe und eine gigantische Steuergeldvergeudung zu betreiben.
Nennen Sie diesen Umgang mit Bürgern Bürgernahe, Sicherheit, Lebensqualität?
Ausgerechnet die CDU betreibt Enteignungen? Ist das nicht mehr was für sozialistische Parteien?
Sagen Sie mir bitte speziell auf diese Fakten hin, was Sie in einem solchen Fall tun wollen. Was soll uns bewegen, Sie und Ihre Partei zu wählen? Wissen Sie eigentlich als Abgeordnete, worüber Sie abstimmen, wenn Sie solche Gesetze beschließen?
Sehr verehrte Frau Dr. Menges,
bitte entschuldigen Sie die späte Antwort auf Ihr sehr persönliches Anliegen bzw. das Ihrer Mutter, für das ich meiner Meinung nach tatsächlich der falsche Ansprechpartner bin, um Ihnen konkret weiterzuhelfen. Der Vorgang, den Sie teilweise beschreiben, liegt nun gute zehn Jahre zurück. 1997 bis 2001 lebte ich noch am Niederrhein und arbeitete in Düsseldorf; die Bremer Bauland-Thematik zu dieser damaligen Zeit war und ist mir nicht vertraut. In einem kleinen Stadtstaat, wo Land sowohl für privates Bauen als auch gewerbliche Flächen wie auch sonstige öffentliche Belange knapp ist und stets die Abwanderung ins preiswerte Flächenland Niedersachsen droht, sind die o.a. Interessen besonders ausgleichend abzuwägen.
Für Ihren Vorgang gab es - wie in jedem Rechtsstaat - zu allen Zeiten des Verfahrens die Möglichkeit sowohl des Rechtsbeistands als auch im Zweifel bei mehreren Betroffenen die Alternative des Zusammenschlusses in einer Interessengemeinschaft, die ihre berechtigten Belange gemeinsam verfolgt. Nicht eine Partei enteignet, sondern ggfls. die Exekutive auf der Basis eines mehrheitlichen, demokratischen Beschlusses des Gesetzgebers. Dagegen gibt es in Bund und Land den dreistufigen Rechtsweg - evtl. sogar mit Prozesskostenhilfe.
In Ihrem konkreten Fall hätte ich einen Anwalt eingeschaltet, um die Interessen Ihrer Mutter gut vertreten zu wissen. Bei einem obsiegenden Urteil hätte die Gegenseite sogar die Gerichts- und zusätzlich Ihre Anwaltskosten tragen müssen. Wirklich beurteilen kann ich den geschilderten Sachverhalt verständlicherweise nicht; er läßt sich nach 10 (!) Jahren wohl auch nicht mehr ändern.
Die CDU steht voll und ganz zum Rechtsstaat und seiner Gewaltenteilung; ich kenne niemanden in der CDU Bremen, der unrechtmäßige Enteignungen betreiben und dulden würde. Ihre Stimme ist auf jeden Fall bei einer Partei mit christlichen und sozial-marktwirtschaftlichen Prinzipien besser aufgehoben als bei einer sozialistischen. Versuchen Sie Ihre Enttäuschung über die seinerzeitige Erfahrung von Ihrer wichtigen anstehenden Wahlentscheidung zu trennen.
Leider kann ich Ihnen im Nachhinein bei allen guten politischen Vorsätzen nicht konkret helfen, was ich bedaure.
Ihr C. K a u