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Canan Bayram
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Manfred K. •

Sehr geehrte Frau Bayram, Sie haben gegen die Ratifizierung des CETA-Abkommens gestimmt. Danke. Würden Sie bitte Ihre Argumente für Ihre Entscheidung mit mir teilen? Grüße

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Bündnis 90/Die Grünen

Guten Tag, 

vielen Dank für Ihre Frage.

Das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) zwischen der Europäischen Union und Kanada wurde von uns Grünen kritisch begleitet und lange Zeit abgelehnt. 2016 haben wir mit rund 200.000 anderen gegen die transatlantischen Handelsabkommen TTIP und CETA demonstriert. Auch auf der Bundesdelegiertenkonferenz im selben Jahr haben wir einen Beschluss gegen CETA gefasst. Dabei ging es uns vor allem um die Sorge vor nachteiligen Auswirkungen auf Ökologie und Landwirtschaft sowie eine Absenkung des Schutzniveaus beim Verbraucher*innenschutz, Arbeitsschutz, Umweltschutz, Datenschutz, soziale Sicherheit, der kommunalen Daseinsvorsorge und im Bereich von Kultur und Bildung.

Ein weiterer sehr entscheidender Kritikpunkt waren von vorneherein die privaten Schiedsgerichte, mit denen Konzerne Sonderklagerechte gegen Staaten erhalten haben. Hier ist nicht nachvollziehbar, wieso es ein System braucht, das ausländischen Investoren ein exklusives, zusätzliches Klageprivileg einräumt, welches inländischen Investoren, anderen gesellschaftlichen Gruppen oder dem Staat nicht zusteht. Diese privaten Schiedsgerichte werden von transnationalen Konzernen genutzt, um Entscheidungen demokratisch gewählter Regierungen zu verurteilen und Staaten auf Entschädigungszahlungen zu verklagen. Es wird damit eine Parallelstruktur zum nationalen Recht geschaffen. Ursprünglich sollte jeweils ein Richter von dem klagenden Konzern, einer von dem beklagten Staat gestellt werden und diese beiden sollten dann gemeinsam einen dritten Richter benennen. Dem Grundsatz von unabhängigen Gerichten wäre absolut nicht genüge getan gewesen. Zwar werden die Richter nun von den beteiligten Vertragspartnern, also der EU und Kanada, gestellt, jedoch ist generell eine Sondergerichtsbarkeit zwischen demokratischen Rechtsstaaten wie Kanada und den Staaten der Europäischen Union überflüssig. 

Durch die Bundesregierung wurde zwar parallel zum Ratifikationsgesetzgebungsverfahren in Gesprächen auf EU-Ebene mit der kanadischen Regierung die Verabschiedung einer Interpretationserklärung des Gemeinsamen CETA-Ausschusses auf den Weg gebracht; jedoch wird dadurch die Möglichkeit für transnationale Konzerne wegen einer indirekten Enteignung Schadensersatzansprüche geltend zu machen, nicht ausgeschlossen. Diese Interpretationserklärung beschränkt zwar den Spielraum für Schiedsgerichte bei der Auslegung der Tatbestände der indirekten Enteignung und es findet sich auch die Ausrichtung der Handelspolitik am Pariser Klimavertrag wieder. Die Gefahr, dass durch CETA Schäden für Umwelt und Klima sowie ein finanzieller Schaden für Deutschland entsteht, besteht jedoch weiterhin. 

Da meine Sorgen über die Ratifizierung überwogen, habe ich dem Gesetz nicht zugestimmt. 

Herzliche Grüße

Canan Bayram

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