Sehr geehrte Frau Bayram, als einziges Mitglied Ihrer Fraktion haben Sie am 28. April 2023 gegen die Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Mission im Niger gestimmt - weshalb?
Sehr geehrter Herr P.,
Vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.
Zu den grünen Grundwerten zählt für mich eine Politik, die konsequent für Frieden eintritt und sich gegen Militarisierung und Krieg richtet. Dafür bin ich in meinem Wahlkreis angetreten und gewählt worden.
Als stellvertretendes Mitglied des Verteidigungsausschuss beschäftige ich mich bei allen Bundeswehrmandaten intensiv mit den Konfliktparteien und der Situation vor Ort. Daher war ich z.B. mehrmals im Irak sowie in Afghanistan. Was ich immer wieder lerne, ist, dass es Frieden nur geben kann, wenn alle Beteiligten – und im Sinne einer feministischen Außenpolitik vor allem auch Frauen – in Verhandlungen miteinbezogen werden. Häufig ist die Unfähigkeit der westlichen Politik, die Besonderheiten der Region mit ihren Konflikten, aber auch mit ihren Gemeinsamkeiten in den Blick zu nehmen, Teil des Problems.
Die Konflikte in der Welt gehen uns an und verlangen auch nach einem Engagement Deutschlands in der Welt. In der globalisierten Welt sind Außen- und Innenpolitik heute kaum mehr voneinander zu trennen. Ressourcenkonflikte, Fluchtbewegungen und die gemeinsame Herausforderung der Klimakrise zeigen, dass die Probleme der Welt nur grenzüberschreitend gelöst werden können. Frieden, Freiheit, ein Leben in Würde und der Schutz der globalen öffentlichen Güter stehen allen Menschen gleichermaßen zu.
Deswegen prüfe ich bei jeder Abstimmung über ein Bundeswehrmandat, ob dieses für mich zustimmungsfähig ist. Bei der EU-Mission im Niger war das für mich, nach eingehender Prüfung der obengenannten Kriterien, nicht der Fall.
Wie jeder Einsatz muss auch dieser gut gerechtfertigt sein. Dies kann ich nicht erkennen: Die politische, humanitäre und sicherheitspolitische Lage in der Region hat sich mit dem Einsatz internationaler Streitkräfte nicht verbessert – es herrscht eine massive multidimensionale Krise, die durch Militäreinsätze nicht zu lösen ist. Die Bekämpfung von Armut und Ausgrenzungsmechanismen wären stattdessen zwingende Ziele der Entwicklungsunterstützung für diese Region. Ohne diese Perspektive werden auch neue Mandate und mehr Personal nicht zur Verbesserung der Sicherheitslage beitragen, sondern diese eher verschärfen.
Herzliche Grüße
Canan Bayram