Frage an Canan Bayram von Katy K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Bayram,
ich wende mich an Sie als die Bundestagsabgeordnete des Bezirkes, in dem ich lebe. Sicher haben Sie von der Eskalation im Konflikt zwischen Armenien und Ascherbaidschan gehört.
In diesem Konflikt sind im Hintergrund auch Russland und die Türkei beteiligt. Die Türkei wiederum hat in der Vergangenheit deutsche Waffenexporte erhalten. Bekannt wurde, dass diese Waffen auch u.a. innerhalb der Türkei gegen Kurden eingesetzt wurden. Meine Frage: Was tut die Grüne Bundestagsfraktion und Sie im Besonderen um zu verhindern, dass deutsche Waffen über den Umweg Türkei im Konflikt um Bergkarabach eingesetzt werden? Werden Sie sich für ein Exportverbot für deutsche Waffen in die Türkei einsetzten?
Freundlichst
Katy Kampffmeyer
Liebe Frau Kampffmeyer,
Vielen Dank für Ihre Frage.
Auch mich erfüllt der Krieg um Bergkarabach mit großer Sorge. Es drohen eine humanitäre Katastrophe sowie tausendfaches Leid, Flucht und Vertreibung.
Wir von Bündnis 90/Die Grünen rufen alle beteiligten Parteien zu unverzüglichem Gewaltverzicht und der Einhaltung von Waffenstillstandsvereinbarungen auf und verurteilen die Angriffe auf zivile Ziele in aller Schärfe.
In der Tradition meines Vorgängers Hans-Christian Ströbele bin ich strikt gegen eine militärische Intervention. Der Konflikt um Bergkarabach kann und muss ausschließlich diplomatisch und nicht militärisch gelöst werden.
Die Bundesregierung hat aus meiner Sicht bisher noch nicht genug unternommen, um den Konflikt zu befrieden. Sie sollte gegenüber Präsident Erdogan in aller Deutlichkeit unterstreichen, dass das anhaltende Befeuern der Gewalt seitens der Türkei nicht ohne Folgen bleiben wird. Ich bin außerdem dafür, dass keine Waffen mehr aus Deutschland in die Türkei exportiert werden.
Der jahrzehntelange Stillstand in den Verhandlungen zur Konfliktbeilegung ist nicht hinnehmbar. Viel zu lange hat sich die internationale Gemeinschaft aus der Verantwortung gezogen. Bundesregierung und Europäische Union müssen sich stärker in der bestehenden Minsk-Gruppe der OSZE engagieren und dürfen das Handeln nicht allein den Ko-Vorsitzenden überlassen. Es braucht jetzt sofort ein starkes Engagement für einen Waffenstillstand und neue Gespräche zur Beilegung des Konflikts. Oberstes Prinzip aller Versuche zur Konfliktlösung muss das der Gewaltfreiheit sein. Es gilt, mit internationaler Unterstützung eine Lösung zu finden, die sowohl Aserbaidschans berechtigtem, völkerrechtlichem Interesse nach territorialer Integrität, als auch dem völkerrechtlich anerkannten Selbstbestimmungsrecht der Völker in Bergkarabach Rechnung trägt. Wir sind davon überzeugt, dass eine solche Lösung und das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Region möglich sind.
Ohne Transparenz, Hilfe für die Notleidenden vor Ort und vertrauensbildende Maßnahmen wird es keine Befriedung der Region geben. Deshalb muss darauf gedrungen werden, dass beide Konfliktparteien der Überwachung eines Waffenstillstands durch eine massive Präsenz der OSZE vor Ort zustimmen. Das bisherige Mandat reicht dafür nicht aus. Die Bundesregierung muss Druck auf die Konfliktparteien ausüben, in Einklang mit dem humanitären Völkerrecht humanitäre Hilfe zuzulassen, und gleichzeitig ihre Bereitschaft signalisieren, selber bedarfsorientierte Hilfe zu leisten. Schließlich appellieren wir an die Konfliktparteien, im Rahmen eines Waffenstillstands einen Gefangenenaustausch in die Wege zu leiten und würdevolle Bestattungen der getöteten Kriegsopfer zu ermöglichen.
Herzliche Grüße
Canan Bayram