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Canan Bayram
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dr. Andrea H. •

Frage an Canan Bayram von Dr. Andrea H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Bayram,
meine Frage an Sie ist, wie Sie zur anstehenden Abstimmung zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und Medizinproduktegesetzes am 15.5.20 stehen?

Im Weiteren fordere ich Sie auf, dem derzeitigen Wahnsinn bzgl. der geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes und Medizinproduktegesetzes am 15.5. nicht zuzustimmen.
Mit den geplanten Änderungen sollen wir Bürger ggf. zu einer Impfung gezwungen werden, ohne dass ausreichende Testverfahren zu den Impfstoffen vorliegen müssen.
Erschreckend dabei ist, dass sich die neue Impftechnologie der RNA-Impfstoffe bereits in der Testphase mit einem übereilt entwickelten Corona-Impfstoff befindet und zu befürchten ist, dass diese Testphase nun deutlich abgekürzt werden soll. Diese Technologie ist in keiner Weise ausreichend validiert und muss 5-10 Jahre auf Nebenwirkungen in die klinische Forschung getestet werden. Diese Sicherheitsauflage soll abgeschafft werden.
Aus internen Kreisen eines namhaften Pharmakonzerns wurde ich vertraulich auf die Gefährlichkeit dieses Impfstoffs hingewiesen.

Zudem steht die Datenlage zum aktuellen SARS-Cov2 auf sehr wackeligen Beinen, so dass die Notwendigkeit einer Impfung an sich hochgradig in Frage steht.

Hier wird vorsätzlich die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet und aufs Spiel gesetzt! Eine Gesetzesänderung dient nicht der Gesundheitsfürsorge und liegt ganz sicher nicht im Interesse der Bürger, denen sich die deutschen Politiker verpflichtet haben.

Die Grünen haben sich zu den ganzen und zum Teil skandalösen Ereignissen um die Corona-Epidemie bisher nicht im Ansatz kritisch geäußert. Das ist zutiefst erschreckend.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Andrea Hellwig-Lenzen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Dr. H.

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt: Ich habe als einzige direkt gewählte Abgeordnete in der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen meine Verantwortung für den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg und Prenzlauer Berg Ost durch mein Abstimmungsverhalten wahrgenommen und hierfür viel Zustimmung erhalten.

Beweggrund für meine Ablehnung waren insbesondere folgende Gründe, die ich in meiner persönlichen Erklärung zusammengefasst habe:
Ich stimme mit ‚NEIN‘ gegen diesen Gesetzentwurf sowie gegen die befürwortende Beschlussempfehlung der Ausschussmehrheit.Denn dieser Gesetzentwurf verstetigt und verschärft eine Rechtsproblematik im Infektionsschutzgesetz, die sich schon durch dessen grundlegende Neufassung im Gesetz vom 27.03.2020 (BGBl. I S. 587) ergab. Bereits gegen jene Neufassung habe ich zuvor am 25.3.2020 hier im Plenum meine intensiven Bedenken in einer persönlichen Erklärung geäußert (Plenarprotokoll Seite 19192 D, Ziffer 1: http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/19/19154.pdf#BM22).

Diese Bedenken richteten sich vor allem dagegen, dass die Neuregelung in § 5 Absatz 2 und 3 IfSG den Bundesgesundheitsminister bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite zu weitreichenden Rechtsverordnungen und „Anordnungen“ ermächtigt. Dies habe ich schon damals „Blankett-Ermächtigung“ genannt. Denn entgegen Artikel 80 des Grundgesetzes waren und sind Inhalt, Zweck und Ausmaß dieser Ermächtigungen höchst unbestimmt.

Andere Kritiker haben dies später geschichtsbewusst „Hindenburg-Klausel“ genannt oder „Selbstentmächtigung“ des Parlaments. Die genannten Anordnungen – also „direkte Ministerialverwaltung“ durch Verwaltungsakte – wären nur ausnahmsweise gemäß Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG zulässig, dessen Voraussetzungen aber hier nicht vorliegen. Zudem führt die nicht nachvollziehbare Unterscheidung, warum der Bundesgesundheitsminister teils durch Einzelanordnungen soll handeln dürfen, in anderen Fällen aber durch Rechtsverordnung, zu nicht einsichtigen Folgefragen, etwa zu dann verschiedenem Rechtsschutz. Angesichts all dessen bestehen meine Bedenken gegen diese zentralen, meines Erachtens heute schon verfassungswidrigen Regelungen fort und sind seither noch gewachsen; daher kann ich auf meine damaligen Begründungen verweisen.

Der heute zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen eines Zweiten Bevölkerungsschutzgesetz spitzt die Probleme zu, insofern in Artikel 1 Nr. 3 (zu § 5 Abs. 2 IfSG) jene Anordnungs- und Verordnungsermächtigungen nochmals erweitert werden. Zum Beispiel soll § 5 Abs. 2 Nr. 10 IfSG den Bundesgesundheitsminister nun dazu ermächtigen, etwa das Ausbildungs- und Prüfungsrecht für Gesundheitsfachberufe zu erlassen. Dies und auch die anderen Rechtsverordnungsermächtigungen sind teils gravierende Grundrechtseingriffe. Weiterhin unbeantwortet bleibt auch in dieser Novelle, in welchem Verhältnis die Anordnungsbefugnisse des Bundesgesundheitsministers zu den fortbestehenden Ausführungs-Ermächtigungen der Ländereigenverwaltung eigentlich stehen. Außerdem fehlt weiterhin die von unserer Fraktion schon im März geforderte Mindest-Regelung, um das verursachte Demokratiedefizit wenigstens zu mildern, dass jedenfalls Bundestag und Bundesrat die Aufhebung solcher Rechtsverordnung sollen durchsetzen können. Leider hat die Mehrheit der Koalitionsfraktionen in den Ausschüssen sogar dies abgelehnt.

Soweit § 5 Absatz 2 Nr. 9 IfSG künftig dem Bund erlauben soll, Gesundheitsämter der Länder und Kommunen finanziell zu unterstützen (laut Entwurfs-Begründung 100.000 bis 150.000 Euro für jedes der 375 Gesundheitsämter), ist dieses Ziel zwar grundsätzlich ehrenwert, doch die Ausführung kollidiert scharf mit der Finanzverfassung des Art. 104a GG. Solche kleinen Geschenke an die Länder lenken auch nur ab von deren Unterfinanzierung als eigentlichem Problem. Dagegen hilft nur eine gerechtere Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund, Länder und Kommunen gemäß Art. 106 GG.

In Artikeln 1, 2 und 15 des Gesetzentwurfs werden zahlreiche systematische und dauerhafte Änderungen des IfSG vorgenommen, deren aktuelle Notwendigkeit nicht ersichtlich ist. Doch das im Lichte der aktuellen Pandemie zu tun ist m.E. verfrüht. Denn als Grundlage dafür sieht das Gesetz ohnehin einen bilanzierenden Bericht zum 31.3.2021 vor. Der sollte also abgewartet werden. Leider enthält der Novellierungsentwurf nicht die nötigen Überarbeitungen der Gefahrenabwehrregelungen gemäß §§ 15 a – 32 IfSG: etwa ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Personen, die nicht bestätigt ansteckend sind, trotzdem kontrolliert, in Quarantäne geschickt oder anderen Maßnahmen ausgesetzt werden dürfen. Ich kann diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, vor allem weil dieser die eingangs genannte Verletzung des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes fortsetzt und erweitert.

Mit freundlichen Grüßen
Canan Bayram

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