Frage an Canan Bayram von Robert H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Bayram,
derzeit liegt dem Bundestag folgende Petition vor gemäß der Plattform openPetition. Mit der Petition wird gefordert, dass § 93d Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz wie folgt geändert wird: Das Wort "keine" wird gestrichen und durch "einer" ersetzt. Der Text lautet wie folgt: Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf einer Begründung. Diese besteht aus einer Darstellung des Sachverhalts (Teil 1) und einer rechtlichen Begründung (Teil 2).
Erkennen Sie, dass die derzeitige Regelung dazu führt, dass Richter/innen eher die Motivation haben, eine Verfassungsbeschwerde abzulehnen, weil sie dann weniger Zeit zur Beendigung des Verfahrens benötigen als wenn sie eine seitenlange Begründung schreiben müssen und dadurch entsprechend Zeit aufwenden müssen? Stimmen Sie zu, dass die Änderung einen ungefähr gleichen Zeitaufwand sowohl bei stattgebenden als auch ablehnenden Entscheidungen hätte?
Stimmen Sie mir zu, dass die o.g. Gesetzesänderung zu mehr Transparenz in der Öffentlichkeit führen würde? Wäre dies nicht gerade im Hinblick auf nachvollziehbare gleiche Rechtsanwendung dringend geboten?
Sehen auch Sie, dass sich das Verfassungsgericht aufgrund der derzeitigen Regelung der öffentlichen Kontrolle entzieht?
Stimmen sie mir zu, dass die Gewaltenteilung erst wiederhergestellt ist, wenn alle Entscheidungen des Verfassungsgerichtes begründet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden?
Werden Sie dieser Petition zustimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Robert Hübner
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihr Interesse an meiner politischen Arbeit.
Zunächst muss ich Ihnen widersprechen: Entgegen Ihrer in der Frage vom 29.7.2019 gemachten Darstellung war die von Ihnen genannte Petition nicht beim Bundestag anhängig, sondern schon seit dem 17.4.2018 mangels erreichten Quorums beendet.
Ich habe bzgl. Ihres Anliegens zur Kenntnis genommen:
1) im Bundestag den entsprechenden (dort i.ü. allseits abgelehnten) Gesetzentwurf der AfD (https://t1p.de/ijcdk);
2) die umfangreiche Kritik hieran u.a. seitens
a) der Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg (8.4.2019): https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bgh-praesidentin-afd-will-bverfg-gezielt-in-verruf-bringen
b) des Juristen und Journalisten Heribert Prantl (27.1.2019): https://www.sueddeutsche.de/politik/verfassungsklage-budesverfassungsgericht-karlsruhe-1.4305517
c) des Prof. Eifert (SZ 27.12.2018: "Angriff auf den Rechtsstaat"): https://t1p.de/e70n2
3) die 500-seitige Dissertation von Johannes Hilpert aus 9/2019 zu dem Thema (https://t1p.de/drfid), der darin (S. 9) den o.g. Entwurf u.a. "illusorisch" nennt.
Ich hoffe, dass ich mit den Hinweisen einen Beitrag zum Nachverfolgen leisten konnte und wünsche Ihnen gute Erkenntnisse beim Lesen.
Mit freundlichen Grüßen
Canan Bayram