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Canan Bayram
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Frage von Stanislav O. •

Frage an Canan Bayram von Stanislav O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Bayram,

Stanislav Offenborn aus Ihrem Wahlkreis bittet in der Sendung "Die RadioFritzen am Nachmittag" auf Radio Fritz um Stellungnahme zu folgender Frage:

- Was tun Sie, um die Ghettoisierung von Ausländern zu verhindern?

Hintergrund: Wenn es um das Thema Integration und Miteinander geht, dann denken viele an Türken und Araber in Kreuzberg. Nur selten kommt die große Gruppe von Polen und Russlanddeutschen, die in den östlichen Bezirken leben, zu Wort.

Original-Beitrag auf Radio Fritz

Mit freundlichen Grüßen
Radio Fritz (i. A. von Stanislav Offenborn)

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Offenborn,

vielen Dank für Ihre Frage. Russlanddeutsche sind keine Ausländer, sondern Deutsche, die aufgrund verschiedener Umstände außerhalb Deutschlands gelebt haben.

Der Umstand, dass Menschen aus ähnlichen Verhältnissen die Nähe voneinander suchen, ist in vielen Bereichen vorhanden. Dies bietet Chancen, eine Sicherheit im Umgang zu erhalten und einander aufgrund des Verständnisses füreinander zu unterstützen. Gleichzeitig bestehen dadurch die Risiken, dass eine Ausgrenzung gegenüber Anderen stattfindet und somit die Voraussetzungen für die Integration in die Gesellschaft erschwert werden. Hier gilt es in erster Linie über diese Chancen und Risiken aufzuklären und diese unbewußten Vorgänge den Menschen bewußt zu machen, damit diese eine Entscheidung treffen können,ob sie den Umstand annehmen oder ändern wollen.

Dies bedeutet eben auch, dass es den Menschen frei gestellt ist, wie sie als mündige Bürger ihr Leben gestalten wollen. Das Grundgesetz und insbesondere die Grundrechte garantieren den Menschen die frei Selbstentfaltung und Selbstbestimmung. Der Versuch die Menschen zwangsweise an einem Zuzug, z.B. in Gebiete mit einem hohen Russlanddeutschenanteil, zu begrenzen stellt einen Verstoß gegen die von Art. 11 des Grundgesetzes garantierte Freizügigkeit von Deutschen im gesamten Bundesgebiet dar.

Die in der letzten Zeit zunehmend geforderten Verschärfungen der Bestimmungen im Zusammenhang mit Migranten halte ich für gefährlich und falsch. Es ist sachlich ungerechtfertigt und mithin ungerecht, bei einem Teil der Bevölkerung die Rechte auf Selbstbestimmung einzuschränken und sich hierbei auf religiöse und kulturelle Besonderheiten zu beziehen.

Soweit Sie auf die polnischen Menschen verweisen, ist zu beachten, dass es sich um EU-Bürger mit besonderen Rechten handelt. Hier gilt das oben gesagte entsprechend. Ergänzend will ich lediglich darauf hinweisen, dass es manchmal auch wirtschaftliche Umstände sind, die Menschen aus bestimmten Herkunftsländern in bestimmte Wohnquartiere zieht.

Sie sprechen von Gettoisierung und drücken damit aus, dass sie es als negativ bewerten, dass Menschen aus ähnlichen Kulturkreisen die Nähe von einander suchen. Dabei sollten wir mehr Energie darauf verwenden, uns Konzepte zu überlegen, die die positiven Effekte und die Unterstützung der Menschen zur Richtschnur haben.

Mit freundlichen Grüssen
Ihre Canan Bayram

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