Frage an Canan Bayram von Friederike K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Bayram,
ich wohne seit 9 Jahren in Friedrichshain und finde es sehr schade, dass der Wohnraum im Kiez immer teurer und damit fast unbezahlbar wird - gleichzeitig aber die Wohnqualität nicht steigt und teilweise rückläufig ist. Das Wachstum des Tourismus in unserem Bezirk ist hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit sehr positiv und es freut mich auch, dass so viele von Außerhalb dort Urlaub machen wo wir leben. Was mich aber verärgert sind der Lärm der Betrunkenen und der Müll, den sie hinterlassen. Auch das Urinieren an Hauswände und -türen gehört dazu.
Was für Ideen und Pläne haben Sie konkret um das Leben in Friedrichshain bezahlbar und hinsichtlich der Lebensqualität angenehm zu machen?
Mit freundlichen Grüßen
Friederike Kramer
Sehr geehrte Frau Kramer,
am 31. August 2011 gab es zu dem von Ihnen angesprochenen Thema eine Veranstaltung von mir im Galiläa-Widerstandsmuseum mit unserem Bürgermeister Franz Schulz und unserem Landesvorsitzenden Daniel Wesener. Ich lade Sie herzlich ein, meine Mietensprechstunde am Samstag, den 24. September 2011 um 16 Uhr bei Cake+Coffee in der Samariterstr. 37 zu besuchen. Dort will ich mit Fachleuten folgenden Fragen nachgehen? Was tun bei Mieterhöhungen? Wann hilft der Mieterverein? Was zahlt das Jobcenter?
Wir Grünen sind auf verschiedenen Ebenen aktiv geworden, um Verdrängung und Gentifizierung zu verhindern. Grüne Forderungen sind:
Bei Neuvermietungen sind Mieterhöhungen nur bis zum Mittelwert des aktuellen Mietspiegels zuzulassen. Bei bestehenden Verträgen sollen Mietsteigerungen nur in Höhe der durchschnittlichen Inflationsrate erlaubt sein. Innerhalb von drei Jahren wären nur 6 bis 9 Prozent statt der bisherigen 20 Prozent erlaubt. Die Modernisierungsumlage soll zeitlich auf 9 Jahre befristet sein. Die Investitionen sind dadurch abgegolten und sollten nicht weiter den Mieter belasten. In Sanierungsgebieten (z.B. Samariter-Viertel oder Trave-Ostkreuz) müssen wieder Mietobergrenzen möglich sein, um eine Verdrängung von Mieterinnen mit geringem Einkommen zu verhindern. Milieuschutzgebiete können die Bevölkerung in vielen Kiezen vor Luxusmodernisierung schützen. Eine Mietbelastung darf nicht über 25 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens hinausgehen. Mietwohnungen dürfen nicht in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Wir brauchen einen sozialen Wohnungsbau. Dafür ist eine andere Liegenschaftspolitik nötig. Der Ausverkauf Berliner Grundstücke durch den Liegenschaftsfonds muss sofort gestoppt werden. Statt dessen müssen auf den Grundstücken Sozialwohnungen gebaut werden und neue Wohnungen dazu gekauft werden. Wir brauchen wieder städtische Wohnungsbaugesellschaften, die ihrem ursprünglichen Auftrag gerecht werden: Einkommensschwache Menschen mit günstigem Wohnraum zu versorgen. Die Zweckentfremdungsverbotsverordnung muss zum Einsatz kommen. Dafür muss die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Zahlen für den Berliner Wohnungsmarkt offen legen, damit die angespannte Wohnungslage festgestellt werden kann. Dies hätte zur Folge, dass in Friedrichshain dringend notwendiger Wohnraum nicht für Touristenunterkünfte umfunktioniert werden kann.
Anträge hierzu finden Sie auf www.frieke.de http://www.frieke.de/ für die Bezirksebene und auf www.gruene-fraktion-berlin.de http://www.gruene-fraktion-berlin.de/ für die Landesebene.
In meinen regelmäßig stattfindenden Sprechstunden werde ich immer wieder damit konfrontiert, dass Hausverwaltungen rechtlich zweifelhafte Wege einschlagen, um Mieterrechte zu beschneiden. Manchen Mieter haben Angst vor dem wirtschaftlichen Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung und geben den Kampf auf. Hier hilft Beratung und Unterstützung. Daher will ich weiterhin als Abgeordnete Sprechstunden im Kiez anbieten, um die Menschen in solchen Fragen zu unterstützen. Als Rechtsanwältin sehe ich mit Sorge, dass sich die Rechtsprechung zu Lasten der Mieterinnen und Mieter entwickelt. Urkundsverfahren in Mietsachen führen zu überlangen Verfahren, die für juristische Laien kaum nachvollziehbar sind. Mieter haben Angst, dass das Jobcenter die rückständigen Mieten nicht übernimmt, weil sie das Geld für die Miete anderweitig ausgegeben haben. Hier gibt es Lösungen und ich unterstütze gerne.
Da ich in Friedrichshain lebe, weiß ich, was sie mit den Touristen meinen (gröllende Betrunkene a la Mallorca). Friedrichshain ist ein weltoffener Bezirk. Das soll so bleiben. Dennoch: Die stark steigenden Touristenzahlen sind nicht spurlos an unserem Bezirk vorbei gegangen. Nötig sind Konzepte für einen stadtverträglichen Tourismus, der Rücksicht auf die Anwohnerinnen und Anwohner nimmt - um das zu erhalten, weshalb die Touristen gern zu uns kommen. Daher gilt: Respect the locals!
Mit herzlichen Grüssen
Canan Bayram