Frage an Bruni Wildenhein-Lauterbach von rené f. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Bruni Wildenheim- Lauterbach,
mit dem neuen Fach Ethik möchten sie, Zitat; die Situation ab Klasse 7 erheblich verbessern, da eine große Anzahl der Schülerinnen und Schüler erstmals überhaupt Unterricht in einem Werte vermittelnden Fach haben werden. Zitat Ende.
Was ist eigentlich mit den jüngeren Kindern, werden diesen keine Werte vermittelt?
Nun geht meine Tochter hier zur Schule, hat keine Seife Handtuch und Papier auf der Schultoilette. Für eine Grundreinigung haben wir letztes Jahr mal zusammengelegt. Die Fenster sind undicht und durch den Energiesparvertrag, der nur einem Privatunternehmen nützt und nachhaltig dem Bezirk sehr schaden wird, gab es im Winter kältefrei und diesen Winter wird es nicht anders sein.
Wie wollen sie mit dem Fach Ethik konkret die Situation der Kinder verbessern?
Welche Kosten verursacht die Ausbildung der Lehrer und das Fach insgesamt?.
Wäre es nicht angebrachter das die Kinder z.B. in den Schulen etwas Essen könnten. Selbst da wo es Schulspeisung gibt, können es sich viele Eltern das nicht mehr leisten.
Der Sozialhilfe Anteil der Kinder hat sich in den letzten zwei Jahren in ihrem Wahlkreis verdoppelt, gleichzeitig wurde die Jugendhilfe drastisch gekürzt.
Sollten nicht erst elementare Grundbedürfnisse der Kinder erfüllt werden.
Nicht die Theorie zählt, sondern das was tatsächlich auch gelebt wird.
Das Fach Ethik geht weiterhin auf Kosten der Fächer Erdkunde und Geschichte/Sozialkunde. Damit werden z.B. Kenntnisse der Schüler über europäische Staaten, über politische Krisenherde weiter reduziert. Gerade hier werden wesentliche Einsichten für die transkulturelle Wertevermittlung geschaffen. Noch gravierender sind die Folgen bei der Kürzung der Fächergruppe Geschichte/Sozialkunde. Das Fach Sozialkunde als Kernfach der politischen Bildung verschwindet fast vollständig.
Wie soll das durch das Fach Ethik ausgeglichen werden?
Mit freundlichen Grüßen
rene faccin
Sehr geehrter Herr Faccin,
Ihre Fragen zeigen mir erneut, dass Verbesserungen an den Berliner Schulen zu den großen Herausforderungen der kommenden Legislaturperiode gehören werden und notwendig sind, damit die Schulen weiterhin ihren Auftrag erfüllen können.
Das Berliner Schulgesetz definiert den Auftrag der Schulen wie folgt:
"Auftrag der Schule ist es, alle wertvollen Anlagen der Schülerinnen und Schüler zur vollen Entfaltung zu bringen und ihnen ein Höchstmaß an Urteilskraft, gründliches Wissen und Können zu vermitteln. Ziel muss die Heranbildung von Persönlichkeiten sein, welche fähig sind, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten sowie das staatliche und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, des Friedens, der Freiheit, der Menschenwürde, der Gleichstellung der Geschlechter und im Einklang mit Natur und Umwelt zu gestalten. Diese Persönlichkeiten müssen sich der Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit bewusst sein und ihre Haltung muss bestimmt werden von der Anerkennung der Gleichberechtigung aller Menschen, von der Achtung vor jeder ehrlichen Überzeugung und von der Anerkennung der Notwendigkeit einer fortschrittlichen Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse sowie einer friedlichen Verständigung der Völker. Dabei sollen die Antike, das Christentum und die für die Entwicklung zum Humanismus, zur Freiheit und zur Demokratie wesentlichen gesellschaftlichen Bewegungen ihren Platz finden."
Ich bin der Überzeugung, dass insbesondere die Ideen und Werte der Aufklärung und des Humanismus bislang im Unterricht zu kurz kommen und größere Beachtung finden müssen. Schließlich ist unser Gemeinwesen auf diesen Ideen aufgebaut, ohne die keine Demokratie, keine Wahlen und auch keine Internetforen mit Fragen an die Kandidaten denkbar wären. Daher ist ein Ethikunterricht für alle Schülerinnen und Schüler meines Erachtens sinnvoll und notwendig. Um die Länge des Schultages nicht ins Unerträgliche ausufern zu lassen, ist es leider nicht möglich, Ethik zusätzlich ohne Kürzung bei anderen Fächern zu unterrichten, so dass hier ein vernünftiger Kompromiss zwischen den Fächern gefunden werden musste. Die Stundenverteilung zwischen Ethik und Erdkunde erscheint mir als vertretbare Lösung.
Natürlich ist es wünschenswert, auch jüngeren Kindern einen geeigneten Unterricht zur Wertevermittlung anzubieten. Jedoch stehen wir ja erst am Anfang des Ethikunterrichtes, und die Einführung eines neuen Fachs auf einen Schlag für alle Jahrgänge dürfte weder organisatorisch noch finanziell machbar sein. Deshalb wird der Ethikunterricht in diesem Schuljahr zuerst für die siebten Klassen angeboten und dann schrittweise bis zur zehnten Klasse ausgeweitet. Eine Ausdehnung auch auf die Grundschulen halte ich wie gesagt für wünschenswert, man sollte die Idee langfristig im Hinterkopf behalten.
Der andere Themenkomplex, den Sie ansprechen, ist der Bereich baulicher Zustand, Ausstattung der Toiletten und Schulspeisungen. Diese Dinge müssen keineswegs in finanzieller Konkurrenz zum neuen Schulfach Ethik stehen. So scheiterte in letzter Zeit die Einführung einer Schulspeisung an verschiedene Schulen im Westteil der Stadt nicht an fehlenden Mitteln, sondern an fehlenden Räumlichkeiten.
Die Verantwortung für Seife, Papier und Handtücher auf den Toiletten liegt allein bei den Schulen. Sie bekommen dafür ausreichende Mittel zugewiesen und können diese eigenverantwortlich verwalten. Die Schulen haben seinerzeit entschieden darauf gedrungen, diese Verantwortung zu erhalten. Leider gelingt es offensichtlich nicht an allen Schulen, die Versorgung mit Seife u.ä. sicherzustellen.
Ich stimme Ihnen natürlich zu, dass undichte Fenster kein Zustand sind, den man auf Dauer hinnehmen kann. Um hier eine Verbesserung herbeizuführen, wurde das Schul- und Sportstättensanierungsprogramm aufgelegt, in dem das Land Berlin jedes Jahr über 40 Mio. Euro zur Verfügung stellt, um Schulgebäude und Sportstätten, an denen der Zahn der Zeit genagt hat, wieder in Schuss zu bringen. Da ich nicht weiß, um welche Schule es sich bei Ihnen handelt, kann ich Ihnen natürlich keine Auskunft darüber geben, ob entsprechende Arbeiten an Ihrer Schule geplant sind. Die zuständige Bezirksverwaltung informiert Sie aber sicher gern darüber.
Mit freundlichen Grüßen
Bruni Wildenhein-Lauterbach