Sehr geehrte Frau Jacob, wie stehen sie zur Einführung einer Grundwehrpflicht für alle jungen Erwachsenen die alternativ im sozialen Bereich abgeleistet werden kann?
Darüber hinaus sollte auch die Option bestehen, dass ehrenamtliches verantwortungsvolles Engagement von Jugendlichen in sozialen Bereichen, wie z.B. beim BRK, der Freiwilligen Feuerwehr, AWO, Diakonie oder Caritas, auf diese Pflichtzeiten angerechnet werden.
Dies wäre meines Erachtens ein Gewinn für alle jungen Leute, da sie mit den durch die Pflichtzeiten gewonnenen Erfahrungen unsere Gesellschaft und damit ihre eigene Zukunft realistischer gestalten könnten.
Diese Pflichtzeiten müssen von allen in Frage kommenden Institutionen und Verbänden gründlich vorbereitet, strukturiert und vernetzt werden, damit die jungen Leute nicht nur als billige Aushilfskräfte benutzt werden können.

Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Frage zu diesem wichtigen Thema.
Um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sicherzustellen, muss sie personell und materiell gut ausgestattet sein. Das ist angesichts der Entwicklungen der letzten Tage und Wochen nochmal wichtiger, da sich die Sicherheitslage in Europa fundamental verändert hat. Das Ziel ist klar: Wir müssen den Frieden in Europa sichern. Dafür müssen wir als größte Volkswirtschaft Europas unser politisches und ökonomisches Gewicht in die Waagschale werfen und auch militärisch wehrhafter werden. Uns eint uns also das Ziel, unser Land verteidigungsfähig zu machen. Dennoch sind wir der Meinung, dass wir zunächst das noch lange nicht ausgeschöpfte Potential der Freiwilligkeit ausschöpfen sollten, bevor wir junge Menschen zum Wehr- oder Zivildienst verpflichten. Beim Grundwehrdienst haben wir hohe Abbrecherquoten. Wir haben also nichts gewonnen, wenn wir junge Menschen dazu verpflichten, den Dienst zu tun, sie diesen dann nur widerwillig durchhalten und der Truppe danach den Rücken kehren. Bei einer Grundwehrpflicht stellen sich zudem Struktur- und Kapazitätsfragen, die zuerst gelöst werden müssten.
Beim Wehrdienst wollen wir deshalb:
- Den freiwilligen Wehrdienst und die Reserve für eine breite Zielgruppe attraktiver machen und durch gute Lebens- und Arbeitsbedingungen für Soldat*innen Personal langfristig binden.
- Neben den notwendigen Investitionen braucht es auch strukturelle Reformen. Dazu gehören etwa die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Bürokratieabbau, eine angemessene Ausrüstung und Fortbildungsmöglichkeiten.
Für den potenziellen Verteidigungsfall braucht es aber gleichzeitig schnelle Rekrutierungsmechanismen – unterstützt durch eine neue Form der Wehrerfassung, die auch den Zivil- und Heimatschutz stärkt.
Bei zivilen Freiwilligendiensten wollen wir das Recht auf einen Freiwilligendienst verankern und die Plätze im Bundesfreiwilligendienst entsprechend ausbauen und verlässlich finanzieren. Denn viele Menschen – ob jung oder alt, mit oder ohne Behinderung – möchten sich im Freiwilligendienst engagieren und wir wollen sicherstellen, dass alle Menschen auch die Möglichkeit hierzu haben. Dafür wollen wir die Bedingungen für diese Personengruppen verbessern und sozial gestaffelte Unterstützungsmöglichkeiten schaffen. Wir wollen für eine faire Vergütung und umfassende Informationsmöglichkeiten, insbesondere an Schulen, sorgen.
Mit herzlichen Grüßen
Britta Jacob