Wie sollte ein Schutz der europäischen Außengrenze aussehen?
Immer wieder höre ich, Pushbacks oder Abweisung an den Grenzen seien illegal und widersprächen europäischen Werten. Dass sie illegal sind kann ja durchaus sein, aber was sehen Sie als Alternative? Wenn alle Pushbacks illegal sind, dürfen ja alle immer über die Grenze und Abschiebungen sind schwer, weil die Herkunftsländer zustimmen müssen oder weil dann in weitere Staaten abgeschoben wird, in denen z B Folter droht. Heißt das nicht im Endeffekt, dass jeder reinkommen darf? Da es aber eine Kapazitätsgrenze gibt, wäre dann doch die Frage, was darf man überhaupt machen, um bei Erreichen dieser Grenze zu verhindern, dass weitere Menschen ins Land kommen können? Und wenn internationale Regelungen keine Möglichkeit vorsehen, Migration gänzlich zu verhindern, wenn es nötig ist, sollte man diese Regelungen dann nicht abschaffen?
https://www.dw.com/de/wann-sind-pushbacks-an-der-eu-au%C3%9Fengrenze-illegal/a-59436744
Sehr geehrter Herr C.,
vielen Dank für Ihre Frage. Frau Haßelmann hat uns gebeten Ihnen zu antworten.
Hinsichtlich der rechtlichen Unzulässigkeit von Pushbacks verweise ich auf die Ausführungen in dem von Ihnen zitierten Artikel.
Zur Beantwortung Ihrer Frage nach Alternativen zu Pushbacks möchte ich auf ein gemeinsamen Papier zum Thema Migration und Flucht verweisen, dass Frau Haßelmann erst kürzlich mit Omid Nouripour, dem Vorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, veröffentlich hat. Darin wird auch auf das Thema Pushbacks und Rückführungen eingegangen und die Position dargelegt, weshalb wir es hier zitieren:
"Die humanitäre Situation an den zu schützenden Außengrenzen der EU muss schnellstmöglich verbessert werden. Eine immer stärkere Abschottung kann dabei nicht die Lösung sein. Die Kontrolle der Außengrenzen muss vielmehr mit rechtsstaatlichen Mitteln und unter Einhaltung der Menschenrechte geschehen. Wir setzen uns dafür ein, dass die EU-Kommission nachdrücklich gegen völkerrechtswidrige Push-Backs von Schutzsuchenden vorgeht. Menschen, die die EU erreichen, müssen die Möglichkeit haben, Asyl zu beantragen sowie menschenwürdig untergebracht und versorgt zu werden.
Wir stehen ein für die inhaltliche Prüfung der Asylanträge in der EU. Dafür ist es notwendig, dass die Menschen schnell und zuverlässig registriert werden. [...] Die EU muss sicherstellen, dass Menschenrechte an den Außengrenzen gewahrt und Verstöße sanktioniert werden. [...]"
Aber: "Nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben. Aber jeder Mensch, der bei uns Schutz sucht, hat Anrecht auf ein rechtsstaatliches Verfahren mit individueller Prüfung. Wer nach sorgfältiger Prüfung der asyl- und aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat, muss zügig wieder ausreisen – insofern dem keine Abschiebehindernisse entgegenstehen. […]
Wir brauchen tragfähige Migrationsabkommen, die legale Wege der Zuwanderung aufweisen und gleichzeitig die Rücknahmebereitschaft in den Herkunftsländern erhöhen. Wir erwarten daher, dass der neue Sonderbevollmächtige der Bundesregierung für Migrationsabkommen baldige und umfassende Vereinbarungen mit Herkunftsländern abschließt. Sie sollen ein Gesamtkonzept bieten – mitsamt dem Ausbau von wirtschaftlicher Zusammenarbeit, Technologie-Transfers, Visa-Erleichterungen, Qualifizierungsmaßnahmen für den deutschen Arbeitsmarkt und Jobbörsen. Genauso gehört die Zusammenarbeit bei der Rückkehr abgelehnter Asylsuchender zu diesen Abkommen.
Am Ende rechtsstaatlicher Verfahren kann die Ausreise stehen. Dabei setzen wir vor allem anderen auf die freiwillige Rückkehr. Kooperation mit den Herkunftsstaaten ist hierbei entscheidend. Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete verbieten sich. Die Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, müssen nach Verbüßung ihrer Strafe prioritär zurückgeführt werden. Dabei müssen zu jedem Zeitpunkt ihre Menschenrechte gewahrt werden.“
Mit freundlichen Grüßen
Team Haßelmann