Frage an Britta Haßelmann von Johannes T. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Haßelmann,
wie wir anhand der aktuellen Berichterstattung (FAZ) im Fall Gustl Mollath erfahren, hatte die bayerische Justizministerin Merk nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts hervorgehoben, die StA habe auf ihre Weisung hin die Wiederaufnahme angestrebt.
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/politik/fall-mollath-opposition-fordert-entlassung-merks-12426855.html
Die Grünen warfen der Ministerin vor, den Wiederaufnahmeantrag zu spät angeordnet zu haben.
Genau so gut kann natürlich politischer Druck Staatsanwälte zu Lasten von Kriminalitätsopfern ausbremsen.
Staatsanwälte also noch immer an der Leine der Politik – ein deutscher Skandal
http://www.wiwo.de/finanzen/justiz-wie-politiker-staatsanwaelte-unter-druck-setzen/5301900.html
Und somit ist dieses Kernelement einer Demokratie (unabhängige Justiz) "grundgesetzwidrig" bundesweit noch immer nicht installiert.
Der bestehende Zustand, nämlich die Verwaltung der Dritten Staatsgewalt durch die Zweite, entspricht nicht dem rechtsstaatlichen Gebot der Gewaltenteilung und ist somit verfassungswidrig.
Gewaltenteilung....bedeutet, daß die drei Staatsfunktionen, Gesetzgebung, ausführende Gewalt und Rechtsprechung [Legislative, Exekutive, Judikative], in den Händen gleichgeordneter, in sich verschiedener Organe liegen, und zwar deswegen in den Händen verschiedener Organe liegen müßten, damit sie sich gegenseitig kontrollieren und die Waage halten können.
Diese Lehre hat ihren Ursprung in der Erfahrung, daß, wo auch immer die gesamte Staatsgewalt sich in den Händen eines Organes nur vereinigt, dieses Organ die Macht mißbrauchen wird..." [so Prof. Dr. Carlo Schmid am 08.09.1948 vor der verfassungsgebenden Versammlung (dem Parlamentarischen Rat)].
Was gedenken Sie, Frau Haßelmann, im Falle Ihrer Wahl - und natürlich auch ihre Partei zu tun, diesen GG-widrigen Zustand zu beseitigen und somit unserem Grundgesetz endlich zu seiner ihm gebührenden Geltung zu verhelfen?
MfG
Johannes Thiesbrummel
Sehr geehrter Herr Thiesbrummel,
vielen Dank für Ihre Frage zur Position der Staatsanwaltschaft im System der Bundesrepublik.
Die Staatsanwaltschaft ist kein Teil der rechtssprechenden Gewalt. Sie beherrscht die strafrechtliche Ermittlung und leitet dabei und beaufsichtigt die Polizei. Im Zuge dessen greift sie auch in die Grundrechte des Einzelnen ein, beispielsweise mit Hausdurchsuchungen und Festnahmen. Das sind keine Akte der Rechtsprechung, sondern Einsätze legitimierten staatlichen Zwangs. Besonders bei Ermittlungen unterliegt die Staatsanwaltschaft der Begrenzung durch den Richtervorbehalt. Die Judikative übt also hier ihre Kontrollfunktion aus. Exekutiven Maßnahmen werden also unabhängige richterliche Überprüfung entgegengesetzt.
Die Staatsanwaltschaft ist somit ein Organ der Rechtspflege und gleichzeitig der Vertreter des staatlichen Strafanspruches. Sie muss deshalb als eigenständige Institution zwischen Richterschaft und Exekutive betrachtet und reformiert werden. Ihre Strukturen sollen autonomer und demokratischer werden. Auch vor unlauteren Einflüssen muss die Staatsanwaltschaft geschützt werden. Deshalb setzen wir uns auch für die Abschaffung jeglichen externen einzelfallbezogenen Weisungsrecht durch die Exekutive ein. Es darf nicht sein, dass aus politischen Gründen Ermittlungen gegen Personen eingestellt oder forciert werden.
Gleichzeitig sorgt jedoch ein allgemeines Weisungsrecht dafür, dass sich die Spitzen der Exekutive vor Öffentlichkeit und Parlament zu verantworten haben und einheitlich vorgegangen wird. Hier ist der frühere Umgang mit Fällen der häuslichen Gewalt anzuführen. Diese Verfahren wurden häufig mit einem Verweis auf mangelndes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Aufsicht durch das Parlament konnte dies jedoch ändern. Deshalb lehnen wir eine vollständige Einbindung der Staatsanwälte in die Dritte Gewalt ab.
Mit freundlichen Grüßen
Britta Haßelmann