Frage von Stefan P. •

Windkrafträder in Wäldern und insbes. im Teutoburger Wald: Wie ist Ihre Meinung dazu, werden Sie das verhindern wollen/können?

Guten Tag Frau Haßelmann,

ich bin durchaus Ihrer Partei zugeneigt, betreibe selbst PV Anlagen, privat und auf einem Schulgebäude. Ich bin nicht überzeugt von Windkraft, weil sie zu vielen Zeiten überhaupt keinen Strom liefert. Anders als PV, die wenigstens halbwegs jeden Tag produziert...

Aber in Wäldern, womöglich noch auf Höhenlagen (siehe Borgholzhausen) sind Windkrafträder ein Unding. Alleine tonnenweise Beton in den Wald zu kipppen, Zufahrtswege, Stromkabel...

Wie ist Ihre Meinung dazu, werden Sie das verhindern wollen/können?

Portrait von Britta Haßelmann
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihre Frage. Frau Haßelmann hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.

Der neueste Copernicus-Bericht lieferte alarmierende Zahlen: 2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen und zum ersten Mal wurde die globale Durchschnittstemperatur von 1,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau erreicht. Auch verdeutlichen die in immer größerer Regelmäßigkeit und Stärke auftretenden Wetterextreme den dringenden Handlungsbedarf.

Es freut uns daher, dass Sie privat und auf einem Schulgebäude Photovoltaik-Anlagen betreiben. Ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien war und ist für uns Grüne eines der wichtigsten Anliegen, das wir in der vergangenen Legislaturperiode in Regierungsbeteiligung mit zahlreichen Gesetzen vorangebracht haben. Der dringend notwendige Ausbau der Erneuerbaren ist erst mit uns in Regierungsbeteiligung wieder in Fahrt gekommen. 

Die Windkraft ist ein essenzieller Bestandteil dafür. Der inländisch erzeugte Strom kam im Jahr 2024 bereits zu fast 60 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Die Windkraft liefert mit mehr als 30 Prozent den insgesamt größten Beitrag zur Stromerzeugung. Sie ist somit - ebenso wie die Photovoltaik - unverzichtbar für eine zuverlässige und klimaschonende Energieversorgung in Deutschland. Sie haben recht, dass die Erneuerbaren neue Anforderungen an unser Stromsystem stellen. Die Lösungen dafür sind vorhanden und müssen weiter vorangetrieben werden: Speicher, die immer billiger werden; smarte Nutzung von Strom, dann wenn viel vorhanden ist; Netzausbau auch für guten Stromhandel mit unseren Nachbarn; flexible Bioenergie und künftig auch Wasserstoff-Kraftwerke. 

Zu der Frage, weshalb Windräder dennoch immer wieder stillstehen, ist zu sagen, dass Stromnetze nur eine begrenzte Menge an Strom transportieren können. Wird (etwa bei starkem Wind) in einer Region mehr Strom eingespeist, als in der Region verbraucht oder abtransportiert werden kann, droht eine Netzüberlastung. Hier sind die Netzbetreiber in der Pflicht, gegenzusteuern. Sie können dies auf verschiedene Weise tun. Ein Weg ist die sogenannte Abregelung von Erzeugungsanlagen. Darunter können auch Windräder fallen, d.h. sie werden temporär abgestellt, um einer Netzüberlastung vorzubeugen. Zudem besteht ein relevanter Unterschied zwischen Nord- und Süddeutschland: Ein großer Teil der Stromnachfrage entsteht in den industriellen Zentren in Bayern und Baden-Württemberg, die meisten Windräder stehen aber im Norden. Klar ist: jede Kilowattstunde des erneuerbaren Stroms soll nutzbar werden. Daher braucht es eine Beschleunigung des Netzausbaus, um den überschüssigen Strom aus den windreichen Gebieten dorthin bringen zu können, wo er gebraucht wird. Und es braucht Regeln, die den Verbrauch flexibler aufs Angebot reagieren lassen können: Es muss sich lohnen, dann Strom zu verbrauchen und zu speichern, wenn gerade besonders viel eingespeist wird.

Durch grüne Regierungsbeteiligung wurde die Flächenplanung für Windkraft gesetzlich so angepasst, dass zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft bereitstehen müssen. Die Bundesländer können diese Gebiete selbst ausweisen. NRW ist auf einem guten Weg und die Windflächenziele sollen bereits nächstes Jahr erreicht werden. Wichtig ist, dass dafür nur geeignete Flächen genutzt werden. Nationalparks, Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten, Naturschutzgebiete und Natura 2000-Gebiete sind tabu. 

Vor Ort in NRW wurden zuletzt jedoch auch Windprojekte gezielt außerhalb der angestrebten Einigungsräume vorangetrieben. Es schadet der Akzeptanz der Windenergie, wenn einzelne Projektierer versuchen, die regionale Steuerung der Windenergie zu umgehen. Das entspricht auch nicht dem Geist und Ziel des Windflächenbedarfsgesetzes. Der Bundesrat hatte sich daher auf Initiative aus NRW an die Bundesregierung gewandt, um die Regeln für einen geordneten Ausbau der Windkraft in den vorgesehenen Flächen zu prüfen. Ende Januar haben wir deswegen im Bundestag das Bundesimmissionsschutzgesetz entsprechend geändert und diesem Verhalten gezielt einen Riegel vorgeschoben. 

Waldflächen sind als Standort nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Das Land und die Kommunen müssen jedoch sehr genau prüfen, welche Standorte mit den geringsten Belastungen für die lokale Umwelt verbunden sind. Dafür braucht es eine sorgfältige Standortwahl auf der Planungsebene. Es bestehen hohe Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung, um eine naturverträgliche Nutzung eines Waldes durch Windenergieanlagen zu gewährleisten. Bevor ein Windrad gebaut wird, muss natürlich ein Genehmigungsverfahren mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen werden. Auch Vorgaben zum Naturschutz, Wasserschutz, Denkmalschutz und Luftverkehrsrecht fließen in diese Entscheidungen ein. 

Klimaschutz ist kein Selbstzweck, sondern ein notwendiger Schritt, um uns von fossiler Energie unabhängig zu machen. Dafür braucht es den zügigen Ausbau erneuerbarer Energien und damit auch der Windkraft und der Photovoltaik. Klima- und Naturschutz dürfen dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden. 

Mit besten Grüßen

Team Haßelmann

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