Frage an Britta Haßelmann von Marius S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Britta Haßelmann,
als Bielefelder stelle ich diese Frage einfach mal an dich, auch wenn es möglicherweise nicht dein Thema ist. Thema Blockupy in Frankfurt. Wenn man Berichte wie den (sicherlich nicht ganz neutralen) in der TAZ ließt http://www.taz.de/Rabiater-Polizeieinsatz-in-Frankfurt/Main/!117268/ fühlt sich das schon merkwürdig an. Ob die EZB und ihre Krisenpolitik richtig ist und ob Südosteuropa für unsere Fehler bezahlt oder nicht, will ich hier gar nicht diskutieren. Mir geht es mehr um den Umgang mit der Demonstration
Wenn ich sehe, dass Demonstranten eingekesselt und aus zweiter oder dritter Reihe mit Pfefferspray attackiert werden (klingt hart, ist aber das einzige Verb, das mir dazu einfällt), frage ich: Wie will eine Gesellschaft und vor allem die Politik Demokratie und bürgerliches Engagement fördern, wenn ich jetzt Angst habe muss, bei Demonstrationen und Kundgebungen auch 9 Stunden lang in einem Block festgesetzt zu werden und hinterher im Krankenhaus zu landen? Davon blieben ja offensichtlich nicht mal die Journalisten verschont. Das beißt sich doch irgendwie mit der immer wieder kritisierten "Politikverdrossenheit".
Wie positionieren sich die Grünen hierzu? Und: Wie stellt ihr euch vor, dass die Exekutive da ggf. auch zur Rechenschaft gezogen werden kann? Ich habe nichts gegen Polizisten und habe selbst in aller Regel auch gute Erfahrungen mit dem "Freund und Helfer" gemacht. Aber solche Bilder (die beschriebenen Szenen hat z.B. auch die Tagesschau gezeigt), oder auch ähnliche Szenen aus Stuttgart21 machen schon nachdenklich - besonders wenn wir gleichzeitig höchst kritisch mit der Türkei und Ministerpräsident Erdogan ins Gericht ziehen. Ich will diese Szenen nicht vergleichen, aber die Meldungen stehen momentan bei vielen Nachrichtenportalen quasi direkt untereinander.
Was kann ich da als besorgter Bürger tun? Kann da überhaupt irgendjemand irgendetwas tun (wenn er oder sie nicht grade Innenminister ist)?
Grüße aus Bielefeld
Lieber Marius Schröder,
vielen Dank für Ihre Frage zur Blockupy-Demonstration in Frankfurt. Die Bilder, Videos und Zeugenberichte der Demonstration haben mich empört. Dutzende Menschen wurden verletzt und hunderte stundenlang festgesetzt. Diese BürgerInnen wurden nicht nur in ihrer Demonstrationsfreiheit sondern auch in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Deswegen fordern wir auch zusammen mit den hessischen Grünen eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge und eine Stellungnahme des hessischen Innenministers Rhein.Dort muss auch über die Verhältnismäßigkeit zu sprechen sein. Denn es wurde nicht nur in großem Maße Zwang und Gewalt angewendet, sondern auch eine angemeldete Demonstration lahmgelegt. Es muss immer auch die Aufgabe der Polizei sein, mäßigend zu wirken und die Demonstrationsfreiheit und das Versammlungsrecht zu schützen. Auch Berichten, dass insbesondere JournalistInnen bei der Deeskalation und Berichterstattung behindert wurden müssen nachgegangen werden. Außerdem setzen wir uns für eine Kennzeichnungspflicht bei allen PolizistInnen ein- per Namen oder Dienstnummer. Denn nur so kann den Vorwürfen und Fehlverhalten tatsächlich nachgegangen werden.
Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Rechtsgut, es muss verteidigt werden. Was in Frankfurt geschehen ist, steht nicht exemplarisch für den Umgang mit Demonstrationen in unserem Land. Um so wichtiger ist es jedoch, die politisch Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Auch Deeskalation in alle Richtungen und Kommunikation mit der Polizei halte ich für sehr wichtig.
Mit freundlichen Grüßen
Britta Haßelmann, MdB