Frage an Brigitte Merk-Erbe von Matthias S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Merk-Erbe.
Die Bundesregierung plant, nach u.a. Telekom und Post nun auch die Deutsche Bahn zu privatisieren und so weitere wichtige Entscheidungsmöglichkeiten für die Struktur des Landes aus der Hand zu geben. Wie stehen Sie bzw. Ihre Partei zu diesen Plänen und zu Privatisierungen im Allgemeinen?
Als Mitarbeiter der schon privatisierten Deutschen Telekom habe ich ausserdem noch eine zweite Frage. Mein Arbeitgeber macht momentan vor allem durch seine personellen Pläne auf sich aufmerksam. Neben den bechlossenen Schließungen von vielen Callcentern in Bayern, sollen nun auch die restlichen bisher noch im Konzern verbliebenen Teile (Netzmanagement etc.) in eine GmbH ausgegliedert werden bei niedrigerem Lohn und längerer Arbeitszeit. Späterer Verkauf ab 2012 nicht ausgeschlossen. Die Gewerksschaften sind machtlos gegen diese Entscheidungen, da auch Aufsichtsratsmitglied Jörg Asmussen (SPD), Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, den Plänen zugestimmt hat.
Welche Möglichkeiten der politschen Einflussnahme sehen Sie, um Unternehmen zur Einhaltung ihrer sozialen und regionalen Verantwortung zu bewegen?
Vielen Dank für Ihre Antwort
Sehr geehrter Herr Stahl,
Das Privatisieren von Unternehmen hat seine Grenzen spätestens dort, wo es um Daseinsvorsorge geht. Beispiel Wasser- und Abwasserversorgung, Kliniken usw. Auch im Bereich der Deutschen Bahn bin ich skeptisch, ob eine Privatisierung der richtige Weg ist. Gerade hier in Oberfranken gibt es Bahnverbindungen, die finanziell für einen Betreiber vielleicht nicht immer lukrativ sind, aber für die Menschen in der Region beispielsweise zum Erreichen des Arbeitsplatzes, für die Kinder zum Erreichen der Schule, für den Tourismus usw. eine wesentliche Bedeutung haben. Wenn nur noch die Gewinnmarge zählt, sind solche Strecken bedroht.
Überall dort, wo es um Strukturpolitik für eine Region geht, ist das Thema Privatisierung besonders sensibel zu handhaben. Am Beispiel der DSL-Versorgung im ländlichen Bereich kann man deutlich ablesen, welche katastrophalen Folgen eine rein auf marktwirtschaftliche Interessen ausgerichtete Unternehmenspolitik haben kann. So ist ein leistungsfähiger DSL-Anschluss ein Standortfaktor für Unternehmen. Ohne solch einen Anschluss haben Gemeinden keine Chance auf Gewerbeansiedlung. Auch für Grundstückspreise in Wohngebieten ist DSL ein Faktor. Die Bayerische Staatsregierung hat lange geglaubt, die DSL-Versorgung im ländlichen Bereich könnte man den Kräften des Marktes überlassen. Erst jetzt im Wahlkampf hat man entdeckt, dass dies nicht funktioniert und eine Förderung für die betroffenen Kommunen zugesagt. Eine Förderung, die in meinen Augen sehr spät kommt und finanziell nicht ausreicht. Mit einer Telekom in öffentlicher Hand hätte viel früher reagiert werden können.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die Möglichkeiten der Politik gegen einen solchen Arbeitsplatzabbau wie Sie ihn beschreiben vorzugehen, sind mehr als begrenzt. Solange sich die Telekom im gesetzlichen Rahmen bewegt, wird man hier schwerlich direkt Einfluss nehmen können. Das heißt aber nicht, das man gar nichts machen kann. Viele Kommunen und Städte sind Kunde der Telekom. Man kann schon auch mal ankündigen, dass dies nicht so bleiben muss. Wenn die Telekom ihrer Verantwortung für die Region nicht nachkommt, müssen die Vertreter der Region auch nicht ihrer Verantwortung gegenüber der Telekom nachkommen. Hinzu kommt: In vielen Bereichen braucht die Telekom die Unterstützung der Politik, sei es auf kommunaler, sei es auf Landes- oder Bundesebene. Warum sollte die Politik diese Unterstützung geben, wenn die Telekom ihrerseits nur ihre eigenen Interessen im Auge hat?
Sehr geehrter Herr Stahl,
ich hoffe, Ihnen ausreichend geantwortet zu haben.
Für heute verbleibe ich mit besten Grüßen
Brigitte Merk-Erbe