Brigitte Merk-Erbe
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Frage von Hans-Jörg R. •

Frage an Brigitte Merk-Erbe von Hans-Jörg R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Merk-Erbe,

viele Betriebe beschäftigen immer mehr Leiharbeiter, dass Leiharbeit reguläre Beschäftigung ersetzt, ist da keine Ausnahme mehr. Tarifverträge werden so oft umgangen. In fast jedem 4. Betrieb werden zwar Stammbeschäftigte und Leiharbeiter für gleiche Tätigkeiten auch gleich bezahlt. Insgesamt liegt der Lohn der Zeitarbeiter jedoch durchschnittlich 29 Prozent unter dem von Stammbeschäftigten.
Auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist die Ausweitung atypischer Beschäftigung kritisch. Denn wer längere Zeit wenig verdient, kommt oft ohne aufstockende Hilfe nicht mehr aus - spätestens im Alter. Hier muss also der Staat einspringen.
Als Folge greift unsichere Beschäftigung um sich. Doch die Zunahme von Arbeitsplätzen mit geringer Arbeitsplatzsicherheit, niedrigem Lohn, befristeten Verträgen und mangelndem Kündigungsschutz nimmt nicht nur immer mehr Erwerbstätigen aus dem Leiharbeiter-Sektor die Hoffnung auf eine planbare Perspektive. Sie verunsichert auch jene Arbeitnehmer, die noch ein unbefristetes Vertragsverhältnis, ordentliches Einkommen und Kündigungsschutz genießen. Auch die "normalen" Erwerbstätigen haben Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg. Denn sie erleben in ihrem Umfeld, dass sie durch Externe ersetzbar sind und rasch überflüssig werden können. Die Sorge wird noch verschärft, seit der Sozialstaat mit der so genannten Hartz-IV-Reform den Arbeitslosen nicht mehr den Status sichert, sondern nur noch die Existenz.

Wie stehen Sie zu der enormen Zunahme der Leiharbeit?

Wie stehen Sie zu der unterschiedlichen Bezahlung von Leiharbeitnehmern und Stammbelegschaft, gerade auch bei den sich immer weiter nach oben entwickelnden Gehältern der Führungskräfte und Manager und wie begründen Sie, im Falle einer Befürwortung der Leiharbeit, die niedrigere Bezahlung der Leiharbeiter?

Was würden bzw. werden Sie im Falle einer Wahl unternehmen, um prekäre Beschäftigungsverhältnisse wieder in "normale" Beschäftigung zurückzuführen?

Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr Rabenstein,

die Zunahme der Leiharbeit ist ein großes Problem, das wohl alle politischen Gruppierungen mit Sorge beobachten. Es ist nicht in Ordnung, dass für gleiche Arbeit unterschiedlicher Lohn gezahlt wird. Dies ist ungerecht und führt zu erheblicher Unzufriedenheit und kann langfristig auch nicht im Sinne der Unternehmen sein, da dies den Betriebsfrieden erheblich stört.
Bindung an ein Unternehmen, an den Arbeitgeber, erreicht man nur, wenn das Unternehmen auch fair mit seinen Mitarbeitern umgeht. Ich bin im übrigen überzeugt davon, dass in vielen kleinen und mittelständischen Betrieben ein fairer Umgang mit den Mitarbeitern Normalität ist. Die Schlagzeilen um VW und die dortigen Gewerkschaftsvertreter, um Siemens und andere vermitteln oft den Eindruck, große Konzerne würden die Interessen der Mitarbeiter grundsätzlich missachten. Ich denke, hier muss man schon differenzieren, die Einzelfälle beim Namen nennen, aber nicht grundsätzlich alle Unternehmen über einen Kamm scheren. Auch Konzerne dürften ein grundsätzliches Interesse an guten und loyalen Mitarbeitern haben.

Bei allen Problemen in Sachen Leiharbeit darf nicht vergessen werden, dass es für manche Arbeitnehmer oft die einzige Chance ist, wieder in ein festes Anstellungsverhältnis zu kommen. Dies sollte man nicht völlig vergessen.

Die von Ihnen angesprochene Gerechtigkeitslücke -steigende Managergehälter auf der einen Seite und sinkende Einkommen bei den Mitarbeitern- ist ein Problem, das über die Bundesgesetzgebung gelöst werden muss. Eine gesetzliche Begrenzung von Managergehältern allerdings wird wohl genauso wenig funktionieren wie eine Gehaltsbegrenzung bei Fußballprofis klappen würde. Ein in meinen Augen lohnenswerter Gedanke wäre es einmal über Haftungsregelungen in bestimmten Spitzenpositionen nach zu denken.

Um das von Ihnen angesprochene Problem der Auswirkung geringer Löhne auf die künftige Rente der betroffenen Arbeitnehmer zu lösen, ist meiner Ansicht nach eine Änderung unseres derzeitigen Rentensystems notwendig. Erste Diskussionen über eine Grundrente gibt es ja bereits.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben gedient zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Merk-Erbe