Wäre es Ihrer M.n. sinnvoll das GewStG (§ 16) so anzupassen, dass Gemeinden die Möglichkeit haben eine gestaffelten Gewerbesteuerhebesatz für Betriebe mit und ohne Übergewinne zu erlassen?
Die Einhaltung des Objektsteuerprinzips wäre aus meiner Sicht einhaltbar, da man argumentieren könnte, dass es sich bei Übergewinnen nicht um Erträge handelt, sondern außerordentliche Einnahmen, die übergeordneter Natur sind und z.B. durch Krisen oder Standortvorteilen begründet. Außerdem wäre nicht die Ertragshöhe ausschlaggebend, sondern der Außerordentliche Effekt der Rahmenbedingungen, von dem der Betrieb aufgrund seiner Existenz profitiert.

Das Gewerbesteuergesetz ist ein Bundesgesetz und kann nur durch den Bundestag geändert werden. Es ist durch den Bundesrat zustimmungspflichtig. Das gemeindliche Hebesatzrecht ist zwar Kern der Selbstverwaltung, jedoch wird der Rahmen zur Ausübung des Hebesatzrechtes durch das Bundes- und eventuell Landesrecht vorgegeben. So hat der Bundesgesetzgeber den einheitlichen Hebesatz bestimmt, der auch nicht durch Landesrecht „umgangen“ werden kann. Zudem hat der Bund den Mindesthebesatz (200vH) bestimmt. Die Länder (auch Thüringen) haben in den kommunalen Finanzausgleichsystemen nivellierte Hebesätze (auch einheitlich) für die Berechnung allgemeiner Zuweisungen (Schlüsselzuweisungen) bestimmt.
Ein differenziertes Hebesatzrecht bei der Gewerbesteuer ist verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich durch den Bund möglich oder der Bund überträgt diese Ermächtigung den Ländern. Ein differenziertes Hebesatzrecht war und ist eine Forderung meiner Partei. Bei einem differenzierten Hebesatzrecht muss der Trennungsmaßstab und die unterschiedlichen Auswirkungen auf Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften unter verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet werden. Hier ist als Trennungsmaßstab der sogenannte Übergewinn vorgeschlagen. Von einem Übergewinn wird gesprochen, wenn der Gewinn über dem Kapitaldienst und der marktüblichen Verzinsung des Eigenkapitals liegt. Diese Übergewinne sind ohne großen Aufwand ermittelbar und deshalb wäre dieser Trennungsmaßstab auch formal geeignet. Diese Gewinntrennung müssten die Finanzämter vollziehen, die ohnehin die Messbeträge ermitteln und den Gemeinden mitteilen. Bei dem Modell würden also die „normalen“ Gewinne mit einem niedrigeren Hebesatz versehen als die Übergewinne.
Bei der Festsetzung des höheren Hebesatzes für Übergewinne muss zwischen Einzelunternehmen/ Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften unterschieden werden. Dies ist erforderlich, um bei den Einzelunternehmen/ Personengesellschaften die verfassungsrechtliche Höchstgrenze der Besteuerung von 50 % des Gewinns nicht zu überschreiten. Bei diesen Unternehmen liegt der Steuersatz bei der veranlagten Einkommenssteuer ab rund 66.000 EUR bei 42 %. Bis zu 25.000 EUR Gewerbesteuer können mit der Einkommenssteuer verrechnet werden. Dadurch war die 50 %ige Höchstgrenze der Besteuerung gewahrt. Wie hoch der Übergewinn ist, ist abhängig vom Verschuldungsgrad (Kapitaldienst aus Tilgung und Zinsen) und der Höhe des Eigenkapitals. Hier müsste also geregelt werden, dass die Gesamtsteuerbelastung die 50 % des Gewinns nicht überschreitet. Bei Kapitalgesellschaften sind die „Spielräume“ für höhere Hebesätze bei Übergewinnen größer, weil derzeit die Gesamtsteuerbelastung aus Körperschafts- und Gewerbesteuer bei nur 29,8% des Gewinns liegt.
Fazit:
1. Ein differenziertes Hebesatzrecht bei der Gewerbesteuer ist durch Bundesrecht oder (bei Ermächtigung) Landesrecht möglich.
2. Der „Übergewinn“ ist als Trennungsmaßstab geeignet.
3. Bei Einzelunternehmen/ Personengesellschaft muss die verfassungsrechtliche Vorgabe (max 50 % des Gewinns darf als Steuer abfließen) als Höchstgrenze beachtet werden