Frage an Bodo Ramelow von Thomas B. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Ramelow,
Christian Wulff steht zurzeit in der Kritik, weil er das Wort "Pogromstimmung" in einem unglücklichen Zusammenhang gebraucht hat. Er hat sich allerdings später für den unpassenden Vergleich entschuldigt.
Mir ist bekannt, dass Sie im Jahre 2005 folgende Äußerung getätigt haben:
„Das geht schon in Richtung Pogromstimmung gegen die Repräsentanten der Linkspartei."
Quelle: http://www.presseportal.de/pm/2790/702527/der_tagesspiegel/
Haben Sie sich damals für diese Äußerung entschuldigt? Wie bewerten Sie Ihre Wortwahl heute? Wurden Sie damals vom Zentralrat der Juden kritisiert?
Beste Grüße
T. Baader
Sehr geehrter Herr Baader,
Eine Bewertung von Formulierungen sollte nicht ohne einen Blick auf den inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang der Aussagen vorgenommen werden.
Der Kontext meiner Aussage im Juli 2005 war eine massive Kampagne gegen Oskar Lafontaine, in der unter anderem der Begriff „Hassprediger“ gebraucht wurde. Ich sah die Gefahr, dass damit sogar körperliche Gewalt gegen unseren Spitzenkandidaten provoziert werden könnte. Hinzu kam, dass mit Oskar Lafontaine jemand angegriffen wurde, der 1990 schon einmal Opfer eines lebensgefährlichen Attentats wurde.
Herr Wulff bezog den Begriff auf die Schuldzuweisungen gegenüber Bankmanagern. Er sprach von der „Pogromstimmung“ nur wenige Tage vor dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht und wenige Tage nachdem bereits Reaktionen auf die Äußerung von Hans-Werner Sinn deutlich gemacht hatten, dass die jüdische Gemeinde in Deutschland sich durch derartige Vergleiche zutiefst verletzt fühlt.
Um Ihre Fragen zu beantworten: Ich habe mich damals nicht für meine Äußerung entschuldigt, den Begriff „Pogromstimmung“ würde ich aber heute nicht mehr verwenden. Den Zentralrat müßten Sie aber schon selbst fragen, da ich keine Kenntnis besitze, doch falls es vom Zentralrat dazu Gesprächsbedarf gegeben hätte, wäre ich diesem natürlich gerne nachgekommen. Ich möchte an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass ich im Jahre 2000 für mehrere Wochen unter Polizeischutz gestanden habe, nachdem ich den Brandanschlag auf die Synagoge in Erfurt skandalisiert und mich mit der Jüdischen Gemeinde Erfurt solidarisiert hatte. Ich kann also zumindest in Ansätzen erahnen was der 09. November für Jüdinnen und Juden bedeutet.
Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow