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Bodo Ramelow
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Bodo Ramelow von Wilfried M. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Ramelow,
Herr Kraus aus Vilsbiburg, Lehrer und Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbandes, bezeichnete die Pisa-"Studie" lt. "Nordbayerischem Kurier" als "Großen Schwindel". Die Argumente überzeugen.

Hat ein methodenkritischer Experte Ihrer Partei sich einmal dieses Themas angenommen, was ja für die ganze Bildungsdebatte bis hin zur Frage der scheibchenweise eingeführten Privatisierung des Hochschulstudiums und anderer Ausbildungswege
instrumentalisiert zu werden scheint?
Soeben wurden Ergebnisses der Pisa -"Studie" auch benutzt, um am Rande der "Games convention" dazu aufzurufen, in den Schulen den Computer mehr zu benutzen, da man bezüglich der Nutzungszeit gewissermaßen noch nicht im OECD-Mainstream schwimme. Der für die Games- und Computerindustrie nützliche, für das erfüllte jetzige und zukünftige Seelenleben und wahrscheinlich auch die beruflichen Zukunftschancen unserer Kinder eher schädliche ("verdummende") Vorschlag - mit Hinweis auf "PISA" - wurde bezeichnenderweise vom Presssereferenten des "Deutschen Kinderhilfswerkes" gemacht (Quelle: "OTZ" v.18.8.05 , S. 1).

Worauf stützt die Linke ihre Bildungsthesen?

Mit freundlichen Grüßen
W. Meißner

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Meißner,

Auf Ihre Frage, worauf die Bildungsthesen der Linkspartei.PDS fußen, könnte ich mit einer ausführlichen, dann jedoch einige Seiten umfassenden Abhandlung antworten. Anbei ein Versuch, in knapper Form Auskunft zu geben.
Die Linkspartei.PDS rekrutiert ihr Wissen - nicht nur in Bezug auf Bildung - aus einem sehr breit gefächerten Spektrum. Neben der Beschäftigung von wissenschaftlichen Mitarbeitern für entsprechende Fachgebiete wird regelmäßig eine Vielzahl von Studien, Expertisen und anderen Veröffentlichungen ausgewertet. Hinzu kommen vielfältige Kontakte zu Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bildungsinstituten bzw. Bildungsadministrationen sowie Erfahrungen aus der Praxis. Wie bei jeder Suche nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ist Objektivität und Kritik ein unabdingbares Erfordernis. Eines lässt sich zu den Bildungsthesen der Linkspartei.PDS in jedem Falle sagen: sie sind Ergebnis sorgfältiger Analysen und Recherchen, sie wurden breit in der Öffentlichkeit diskutiert und demokratisch durch Abstimmungen legitimiert.
Wir als Linkspartei. PDS sind zutiefst davon überzeugt, dass Bildung und der Erwerb von Wissen ein Menschenrecht und ein öffentliches Gut sind. Wir wenden uns daher konsequent gegen den neoliberalen Zeitgeist, der Bildung lediglich als eine Ware betrachtet, welche allein der Befriedigung der Bedürfnisse der Wirtschaft dient. Wir halten den chancengleichen und gerechten Zugang zu lebensbegleitender Bildung für eine der wichtigsten sozialen und Menschenrechtsfragen des 21. Jahrhunderts. Zudem bekommen wir von vielen Seiten inhaltlich Unterstützung für unsere Bildungsthesen. So werden im gerade erst der Öffentlichkeit vorgestellten neuesten Kinder- und Jugendbericht von hochrangigen Experten die gleichen Forderungen erhoben, wie sie im Wahlprogramm der Linkspartei.PDS formuliert sind. Zur zitierten Ansicht von Herrn Kraus zu PISA:
Zu Recht muss die PISA-Studie vor allem methodenkritisch hinterfragt werden. Insbesondere bei der ersten PISA-Erhebung sind in einigen Ländern, so auch in Deutschland, die Aufgaben von Pädagogen und Schülern mit zu wenig Ernst behandelt worden. Die Daten der zweiten Erhebung scheinen da ein realistischeres Bild zu zeichnen. die methodenkritischen Einwände sollten aber nicht dazu verleiten, die gesamte Erhebung anzuzweifeln, wie dies Herr Kraus tut. Auch scheint mir seine Argumentationslinie stark von Wertevorstellungen und subjektiver Sicht als Lehrer beeinflusst zu sein.
Nach unserer Meinung gibt PISA eine ganze Reihe von Denkanstößen dafür, ob die momentanen Bildungssysteme in den Bildungsländern den internationalen Maßstäben genügen. So wäre es fatal, die nachgewiesenermaßen enge Kopplung von Familiensituation und Bildungsweg in Deutschland zu ignorieren. Hier hat Deutschland sowohl nach Expertenmeinung als auch nach unserer Ansicht den größten Veränderungsbedarf. Ein „kinderarmes“ Land wie Deutschland kann es sich auch unter ökonomischen Gesichtspunkten nicht leisten, dass ein großer Teil der Potentiale unserer Kinder (nachgewiesenermaßen der Kinder aus sozial schwachen und bildungsfernen Elternhäusern) nicht ausreichend gefördert werden.
Zum verstärktem Einsatz von Computern an Schulen sei nur kurz gesagt: Ein Computer oder ein Internetzugang stellen keinen Bildungsfortschritt per se dar. Es muss um die Befähigung zum verantwortungsvollen Umgang mit dieser neuen Technik gehen. Sie ist lediglich ein Unterrichtshilfsmittel, mehr nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

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