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Bodo Ramelow
DIE LINKE
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Frage von Oliver M. •

Frage an Bodo Ramelow von Oliver M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ramelow,

es ist ja inzwischen nicht mehr wegzudiskutieren dass die öffentlich-rechtlichen Sender von allen Seiten (ausdrücklich nicht nur von rechts!) mit vielfältiger Kritik und mehr oder minder umfassenden Reformideen bis hin zur Abschaffung konfrontiert sind. Zu teuer, zu intransparent, zuviel Datenkrake, zuviel seichte Unterhaltung, zuwenig Bildung und Information, zuviel Sport, zuviel Parteinähe sind nur einige Punkte. Im Programm Ihrer Partei zur Landtagswahl 2019 findet sich (bitte korrigieren Sie mich wenn ich mich irre) keine Angabe aus der hervorgeht ob und inwiefern Die Linke hier einen Reformbedarf sieht und wie man sich eine Reform vorstellt. Ich würde mich sehr freuen wenn Sie hierzu Stellung beziehen könnten.

Mit freundlichen Grüßen,
O. M.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Marquart,
DIE LINKE steht für den Erhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die
öffentlich-rechtlichen Sender, ARD, ZDF und Deutschlandradio sind für
die Demokratie und die politische Kultur unseres Landes unverzichtbar.
Trotz aller berechtigter Kritik an den Sendern im Einzelnen sieht DIE
LINKE eine ihrer medienpolitischen Aufgaben darin, dafür Sorge zu
tragen, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio jederzeit in der Lage sind,
ihrem grundgesetzlichen Auftrag nachzukommen.

Denn: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann und muss einen
unverzichtbaren Beitrag zum publizistischen Wettbewerb leisten und zu
inhaltlicher Vielfalt beitragen, wie sie allein über den freien Markt
nicht gewährleistet werden kann. Das Angebot soll dabei für neue
Publikumsinteressen – insbesondere jüngerer Menschen – neue Inhalte und
Formen offenbleiben. Gerade öffentlich-rechtliche Informationsangebote
sollen zeitlich unbegrenzt, kostenlos und auf dem aktuellem Stand der
Technik im Internet bereitgestellt wie auch mobil verbreitet werden
können. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird es immer wichtiger,
aktiv Medienkompetenz zu vermitteln, um einen selbstbestimmten,
kritischen Umgang mit Medien zu befördern.

Die öffentlich-rechtlichen Sender dürfen keinen finanziellen oder
regulatorischen Beschränkungen unterliegen, die sie daran hindern, ihrem
Auftrag gerecht zu werden. Die öffentlich-rechtlichen Sender bleiben
dennoch selbstverständlich aufgefordert, eigene Einsparpotenziale zu
identifizieren und konsequent zu nutzen. DIE LINKE spricht sich für ein
stabiles Beitragsniveau auf mittlere Sicht aus. Der Nutzen der Sender
für die Demokratie geht aber vor der Beitragsstabilität.

Im Kern stehen wir für ein öffentlich-rechtliches Rundfunksystem, in dem
die Kreativen mehr und die Verwaltungen weniger zu sagen haben. Dazu
bedarf es Mitspracherechte der Zuschauerinnen und Zuschauer, dazu
braucht es mehr Sachverstand in den Rundfunkgremien.

Zunehmend skeptisch betrachten wir die fortschreitenden Tendenzen in der
Kommerzialisierung des öffentlich-rechtlichen Programmangebots selbst.
Diese folgen weitgehend unkritisch den Handlungsmustern der Privaten und
bewirken eine weitere Verflachung des Medienspektrums. Hier sieht DIE
LINKE einen erheblichen Reformbedarf. Für das Programm bewilligte Mittel
sollen auch in das Programm investiert werden. Der finanzielle Anteil
einzelner Angebote wie Sport, und hier insbesondere Fußball, am
Gesamtangebot darf nicht weiter steigen. Sportliche und kulturelle
Großereignisse sind frei und unverschlüsselt zu übertragen.

Zudem sollte über die Formulierung des Programmauftrags neu diskutiert
werden. Wünschenswert ist ein Diskurs darüber, was Grundversorgung im
Digitalzeitalter bedeutet. Um den Bedingungen einer sich verändernden
Medienwelt gerecht zu werden, müssen die mit der Digitalisierung
verbundenen Entwicklungspotenziale wahrgenommen und genutzt werden
können. Dazu darf den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten keine
formale Beschränkung in der Wahl des zu erbringenden digitalen Angebots
auferlegt werden.

Wir treten für eine Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen
Telemedienauftrages und die Verfügbarkeit von Produktionen, die von den
öffentlich-rechtlichen Sendern in Auftrag gegeben wurden (Verweildauer)
in den Online Angeboten der Sender ein.

Die öffentlich-rechtlichen Angebote sollen zu einer unabhängigen
Öffentlich-Rechtlichen Plattform ausgebaut werden, die durch
Datensicherheit und Datensparsamkeit gekennzeichnet ist und ihre
Algorithmen transparent macht.

DIE LINKE fordert ferner den Verzicht auf Werbung und Sponsoring. In der
digitalen Welt, in der die Grenzen zwischen Werbung und Medium, zwischen
ökonomischen und inhaltlichen Aspekten, zunehmend verschwimmen, ist ein
werbe- und sponsoringfreier öffentlich-rechtlicher Rundfunk wichtig.

Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow

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