Frage an Bodo Ramelow von Henriette R. bezüglich Innere Sicherheit
Werter Herr Ramelow,
was halten Sie von ehemaligen Inoffiziellen MitarbeiterInnen der Staatssicherheit der DDR (IMs) in heute verantwortlichen Positionen in Öffentlicher Verwaltung und Politik?
Mit freundlichen Grüßen
H. Reinhold
Sehr geehrte Frau Reinhold,
ich habe keine Kenntnis von ehemaligen inoffiziellen MitarbeiterInnen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (IMs), die heute führende Positionen in der Verwaltung inne haben.
Meines Wissens dürfte das nach dem geltenden Arbeitsrecht auch nicht möglich sein. Das Kriterium IM war jedenfalls im öffentlichen Dienst immer kündigungsrelevant. In Klagen bis hin zum Bundesarbeitsgericht wurden Entlassungen stets bestätigt, wenn jemand zuvor IM-Tätigkeiten verschwiegen hatte.
Ich vermute daher, dass Ihre Frage einen anderen Sachverhalt betrifft. Sie beziehen sich wahrscheinlich auf die aktuelle Debatte um ehemalige offizielle Mitarbeiter der Stasi und deren Beschäftigung in leitenden Funktionen auf Bundesebene.
Und tatsächlich ist es so, dass ehemalige offizielle oder hauptamtliche Mitarbeiter derzeit für den Bund arbeiten. So hat etwa Innenminister Schäuble solche Leute in voller Kenntnis ihrer Vergangenheit als Personenschützer eingestellt. Diese seien nämlich, so Schäuble, für den Personenschutz "exzellent ausgebildet und qualifiziert".
Informationen der Presse zufolge sind wohl auch Personenschützer von Bundeskanzlerin Merkel ehemalige offizielle Mitarbeiter der Stasi. Zudem sollen, wie ebenfalls Journalisten recherchiert haben, solche Personen in der "Birthler-Behörde" arbeiten. Diese habe man dort gezielt eingestellt, da sie besonders gut mit den dortigen Aktenbeständen und der Systematik der Archive vertraut seien.
Ich persönlich neige dazu, dass nach einer bestimmten Zeit der Prüfung einer Person ihre heutige Qualifikation über eine Einstellung entscheiden sollte. Und einer Entlassung muss, wie ich finde, stets ein konkretes Verhalten zugrunde liegen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle darüber hinaus betonen, dass ich jedes Bespitzeln anderer - seien das Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen - für moralisch verwerflich halte. Andererseits muss aber auch, davon bin ich genauso überzeugt, jemand, der seine moralische Schuld öffentlich bekannt hat, heute eine Chance auf Gleichbehandlung bei Bewerbungsverfahren haben.
Dass nun aber ausgerechnet die CDU in diesem Zusammenhang mit dem Finger immer auf DIE LINKE zeigt, selbst jedoch keine moralischen Skrupel hat, ehemalige Kader des MfS einzustellen, wenn es ihr passt - das halte ich für einen klaren Fall von Doppelmoral. Zudem werden wir diesem Thema durch ein Verhalten doppelter Standards ganz bestimmt nicht gerecht. Ich wende mich gegen Ungleichbehandlungen und ein reines Nützlichkeitsdenken in diesem Zusammenhang.
Grundsätzlich haben wir es in solchen Fällen immer mit einer rechtlichen und einer moralischen Dimension zu tun. Wenn jemand Gesetze übertreten hat, muss er sich dafür vor Gericht verantworten. Darüber hinaus muss aber auch ein öffentlicher Dialog um Schuld, Vergebung und Versöhnung stattfinden.
Mit freundlichen Grüßen
Bodo Ramelow